Der lange Weg zur Scheidung meiner Eltern

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Nina
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Der lange Weg zur Scheidung meiner Eltern

Beitrag von Nina »

Hallo!
ich heiße nina und bin 22 jahre alt. meine eltern sind im november 28 jahre lang verheiratet und haben nun beschlossen sich zu trennen, was ein ziemlicher schock für mich ist. nach außen hin galten wir immer als bilderbuchfamilie und so war es eigentlich auch. das es mal meinungsverschiedenheiten gab ist ja auch normal (wo kommt das nicht vor??).
1996 kam dann meiner meinung nach der erste bruch: meine oma (väterlicherseits) starb und mein vater zog sich mehr und mehr in sein schneckenhaus zurück. ich schätze er bekam depressoinen und schottete sich von allem ab (zu seiner mutter hatte er den besseren "draht" als zu seinem vater. mein vater ist einzelkind). meine mutter (die, die pflege größten teils übernommen hatte - oma hatte krebs- und eigentlich auch selbst fertig war) versuchte dennoch meinem vater zu helfen und ihn daraus zu holen. jedoch erfolglos. in den nächsten jahren wurde es sogar noch etwas schlimmer. erst recht als ich 1997 für ein jahr nach USA ging. ich glaube mein vater dachte, dass er nun auch noch mich "verloren" hat. als ich wieder kam es mir zumindest so vor, als wäre alles friede freude eierkuchen.
2001 starb dann mein opa (ebenfalls väterlicherseits). ein erneuter knacks für alle. mein vater zog sich noch mehr zurück. wollte nur noch seine ruhe haben und war glücklich solange er lesen konnte und mama und ich am besten immer um ihm herum waren. zudem konnte er es nicht ertrgaen, dass ich mich langsam vom elternhaus abnabelte.
meine mutter versuchte weiterhin ihn aus seinem tiefen loch rauszuholen. schlug sogar eine familientherapie bzw. partnertherapie vor, doch er schlug alles ab. sie hat ihm auch oft genug gesagt, dass sie nicht mehr kann und auch nicht mehr will. mein vater resignierte.
sie sagte, sie bräuchte abstand. er resignierte.
dann verstarb im letzten jahr die lebensgefährtin meines opas (mütterlicherseits) und meine mutter sah es als ihre alleinige aufgabe an, sich um ihren vater zu kümmern (der eigentlich nie in ihrem leben für sie da war, geschweige denn für mich). ein verhalten meiner mutter das weder mein vater, ich, bekannte noch die geschwister meiner mutter nachvollziehen konnten.
mein vater und ich fühlten uns in gewisser weise zurückgestellt, was meine mutter jedoch nicht beabsichtigt hatte (so sagt sie).
ihrer meinung nach hat sie sich um ihren vater gekümmert, weil sie darin einen ausweg sah. so kam sie von hier los und hat somit mindestens 3 mal die woche was mit ihrem vater unternommen.
jetzt im sommer waren meine letern zusammen auf dem stadtfest, wo meine mutter einen anderen mann kennenlernte (dieser ist mehr oder weniger frisch geschieden). seit dieser zeit ist erst recht der wurm drin. am wochenende fährt sie zu ihm und übernachtet dort. angeblich haben sie noch keine affäre, aber das sei in nächster zeit nicht ausgeschlossen. das ende vom lied: meine mutter zieht am 1.11. aus.
sie hat meinem vater sogar noch vorgeschlagen beide häuser zuverkaufen und eine kleine wohnung zu kaufen, damit sie neu anfangen können und von dem restlichen geld sich ihre träume verwirklichen können(in der hoffnung, dass mein vater wieder glücklich wird und sie irgendwie auch). doch mein vater ist überhaupt nicht kompromissbereit und hat abgelehnt. sein egoismus und seine nicht vorhandene fähigkeit kompromisse einzugehen sind eigentlich die hauptgründe für die bevorstehende langsam anlaufende scheidung.
und ich als einzelkind fühle mich allein. ich habe ein sehr gutes verhältnis zu beiden- das macht die ganze sache nur noch schwerer. meinen freunden habe ich davon noch nichts weiter erzählt, weil ich selbst so enttäuscht bin und keine weiteren menschen damit belasten möchte. es hat auch lange gedauert bis ich von der ganzen situation überhaupt meinem freund erzählt habe. zudem könnte ich fast immer weinen und denke dann immer, dass ich danneine heulsuse bin, weil ich sonst nie so geweint habe. selbst beim tod meiner großeltern nicht, weil ich dachte, wenn hier schon keiner mehr klar denken kann, dann musst du das wenigstens tun und versuchen deine brökelnde familie zusammenzuhalten. man steht doch sonst so allein da. und jetzt bin ich es auch.
ich komm mir manchmal so hilflos vor, da ich immernoch versuche zwischen den beiden zu vermitteln. ich habe es sogar hinbekommen, dass beide bereit sind zu einer therapie zu gehen, doch da sind 12 wochen wartezeit angesagt...
tut mir leid , das es so lang geworden ist.
Volker
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Re: Der lange Weg zur Scheidung meiner Eltern

Beitrag von Volker »

Hallo NIna,

herzlich willkommen im Forum! Du hast die Gelegenheit genutzt und viel geschrieben...schön! Je mehr desto besser, ernsthaft, alles was Du nach außen trägst und mit-"teilst" nimmt Gewicht von deiner Seele. Also, ich mache Dir Mut, dich "zuzumuten", keien Angst die anderen zu belasten, kann ja jeder sagen, wenn es ihm zuviel wird, und dahin muss man erstmal kommen.
Auch herzlichen Glückwunsch zu Deiner kreativität, dass Du deine Eltern in Kommunikation hälst. Eien Warnung bei diesem Vorgehen vorneweg: Es ist die Beziehung Deiner Eltern und sie haben auch die Verantwortung für ihr Glück. Diese Verantwortung hast du auch deienrseits für Dich und ich gebe Dir den Tipp Dein Glück nicht an der Beziehung deiner Eltern festzumachen. Je nachdem wie die miteinander umgehen, geht es Dir gut oder schlecht.
ALso, ich finde es bewundernswert wie du deine Eltern in Kontakt hälst, übernimm aber bitte nicht die VErantwortung für ihren Prozess. Ihr Leben ist nicht Dein Leben. Denke mal darüber nach, warum es wichtig für Dich sein könnte, dass sich Deine Eltern gut verstehen, du bist ja nun schon 22 und bastelst an deinem eigenen Leben....
Was Deinen Vater betrifft, soviele Trauerfälle und soviel Rückzug, ich vermute er leidet wie viele Männer unter einem festgefahrenem Männer-Selbstbild, welches Trauer und Abschied kaum in die Persönlichkeit integriert.... Es gibt eine Menge Angebote heutzutage für Männer bei denen Geschlechtsstereotype hinterfragt werden und welche an einem ganzeren Ausdruck der Befindlichkeit arbeiten. Ungelebte Trauer ist sehr hartnäckig und es möglich einen Zugang zu dem eigenen Selbst zu entwickeln. ich gebe Dir gerne Adressen weiter, wenn Du magst.

Ja, Nina, mute Dich zu, vertraue Dich Deinen Freunden an, denn dazu sind sie da. Wenn es uns immer toll ginge, bräuchten wir ja sonst nichts auf der Welt.

Alles Liebe
Volker

Es ist unglaublich, wieviel Kraft die Seele dem Körper zu leihen vermag. (W. v. Humboldt)
Nina
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Registriert: 23. September 2003 14:23

Re: Der lange Weg zur Scheidung meiner Eltern

Beitrag von Nina »

Hi Volker!

Danke für die Antwort. Ich muss ja zugeben, dass es mir schon ein wenig besser ging nachdem ich es hier niedergeschrieben hatte. Immerhin etwas, trotzdem tut es noch weh, aber das wird wohl auch noch länger dauern...
Zu meinen Eltern: vorallem meine Ma sagt zu mir, dass ich nicht für deren leben zuständig bin, und dass ich nicht ihre Verantwortung tragen soll. Das ist leichter gesagt als getan. Irgendwo fühlt man sich nämlich doch für seine Eltern verantwortlich. Erst recht wenn über Jahre hinweg so eine enge Bindung entstanden ist und man wirklich sehr gut miteinander ausgekommen ist (ich konnte und kann meinen Eltern immer ALLES erzählen).

Jedoch fühle ich mich automatisch mehr verantwortlich für meinen Vater. Vom Charakter her sind wir nämlich ziemlich gleich und von daher konnte ich auch jahrelang immer gut zwischen meinen Eltern vermitteln. Von daher habe ich Papa vor einigen Wochen zu unserem Hausarzt mitgeschleppt und da hab ich ihn dann mehr oder weniger dazu gezwungen von sich zu erzählen. Meiner Meinung nach ist er nämlich depressiv und sieht es noch nicht so ganz ein. Auf jeden Fall hat er eine Überweisung zu einem Psychologen erhalten, aber bis jetzt noch nicht angerufen. Er sagt, dass es ja eh alles keinen Zweck mehr hat, jetzt wo Mama geht. Da hab ich ihm vor Augen geführt, dass es auch für mich wichtig sei, dass es dort hingehe. Jetzt wird dort heute anrufen...Immerhin bleibe ich (zum Teil auch aus Mitleid) bei ihm wohnen, und dann will ich hier nicht mit solch einem negativ eingestellten Menschen leben,denn das würde mich ja nur noch mehr kaputt machen. Manchnmal ist er aber auch soooo starrsinnig!!!

Über die Adressen, von denen Du gesprochen hast würde ich mich übrigens freuen. Ich neheme im Moment jede Möglichkeit wahr, dass wir alle drei halbwegs heile aus der Geschichte rauskommen.

Das nächste problem she ich nur schon im nächs´ten Jahr auf uns zukommen, denn wahrscheinlich werde ich dann mit meinem Freund zusammenziehen und so wird wieder eine Welt für meinen Vater zusammenbrechen. Er verschließt immer die Augen vor Problemen, unschönen Dingen etc. Deswegen ist er auch aus allen Wolken gefallen, als Mama ihm sagte, dass sie gehe. Naja, aber dahin ist ja auch noch Zeit.
Wie gesagt, ich freue mich über die Adressen.

Danke für alles!!!
Nina
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