Hilfe - ich verliere mein Kind

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lonely Mom
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Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von lonely Mom »

Hallo, ihr alle

Ich bin verzweifelt und brauche mal dringend Hilfe. Hoffentlich habt ihr viel Geduld, um meine lange Geschichte zu lesen:

Ich bin 39 Jahre alt und habe mich vor 11 Monaten von meinem Mann getrennt, mit dem ich 16 Jahre verheiratet war (und noch bin). Wir haben eine Tochter, die im Herbst 13 wird. Zu ihr war er immer sehr, sehr lieb, auch wenn ich oft fand, dass er ihr zu viel erlaubte und zu viele materielle Wünsche erfüllte.

Die ganze Geschichte meiner Ehe hier nachzuerzählen, wäre zu viel, deshalb nur kurz: Nach vielen Jahren Psychoterror kam es im Frühjahr 2009 zu zwei Situationen, die mir klar machten, wir müssen ihn verlassen, sonst gehe ich zugrunde. Auch meine Tochter sagte „Mami, ich weiß nicht, ob ihr zwei jemals wieder miteinander glücklich werdet.“

Also suchte ich eine neue Wohnung für uns beide und fand schließlich eine ganz süße nur ein paar Bushaltestellen weiter. Die Wochen, die wir noch gemeinsam in der Wohnung verbrachten, waren für mich die Hölle, weil mein Mann mich ganz subtil psychisch terrorisierte. Er schaffte es, unsere Tochter so zu beeinflussen, dass sie offensichtlich glaubte, ICH wäre die Böse, die dem Papa keine Chance gibt, obwohl er verzweifelt versucht die Ehe zu retten.

Von da an zeigte sie mir immer öfter die kalte Schulter und gab mir keine Gelegenheit mehr, mit ihr alleine zu sein. Wenn ich ihr irgendwelche Anweisungen gab (Hausaufgaben machen, Zimmer aufräumen etc.), fragte sie erst noch den Papa, ob sie das wirklich machen müsse. War er nicht da, rief sie ihn sogar auf der Arbeit an! Papa sagte ihr dann meistens, dass sie nicht auf mich hören müsse. Alle Autorität, die ich jemals gegenüber unserer Tochter hatte, hat er untergraben.

An dem Wochenende, an dem ich umziehen wollte, fuhr mein Mann mit unserer Tochter weg, sie sollte das nicht alles so mitbekommen. Ich nahm die Möbel meiner Tochter mit, und einen Teil ihrer Bücher, Spielsachen und Kleider, weil wir uns geeinigt hatten dass sie bei mir wohnen würde, ihren Papa aber jederzeit besuchen dürfte, ich wollte da keine Einschränkungen machen.

Als erstes richtete ich in der neuen Wohnung das Zimmer meiner Tochter ein. Zwei Tage später fuhr ich wie abgesprochen in unsere gemeinsame Wohnung zurück, wollte dort noch ein paar Kleinigkeiten holen und auf meine Tochter warten, bis sie von der Schule heim käme. Und was war? Mein Schlüssel passte nicht mehr in die Wohnungstür! Mein Mann hatte einfach das Türschloss austauschen lassen, obwohl ich noch die Hälfte der Miete zahlte!

Also wartete ich vor der Tür auf meine Tochter, statt dessen kam nur mein Mann, das Kind saß weinend im Auto und wollte nicht mit mir reden. Als ich ihr sagte, dass ich sie jetzt mitnehmen möchte in unsere neue Wohnung, teilte sie mir mit, das sei nicht ihre neue Wohnung, sie würde beim Papa bleiben und definitiv nicht zu mir ziehen. Obwohl mir das Herz brach, habe ich versucht ganz ruhig zu bleiben und habe es tatsächlich geschafft, nicht zu weinen, ich weiß nicht mehr wie. Selbst als ich das Gesicht meines Mannes sah, der mich so selbstgefällig, fies und gehässig angrinste …

Ich sagte meiner Tochter noch, ich würde ihr ein paar Tage Zeit lassen, das alles ein bisschen zu verarbeiten, und wir würden dann nochmal reden. Aber sie hat ihre Meinung nicht geändert.

Was seitdem alles geschah, war für mich der schlimmste Psychoterror, den ich mir nicht mal in meinen Albträumen ausgemalt hätte:

Am Anfang habe ich meine Tochter alle paar Wochen mal kurz gesehen, aber immer nur wenige Stunden, dann wurde es immer weniger, sie schob andere Verabredungen vor. Inzwischen verweigert sie fast jeden Kontakt zu mir, sie beantwortet keine SMS, keine Emails, keine Briefe, keine Anrufe …

Was sich zwischen mir und meinem Noch-Ehemann in diesen elf Monaten ereignete, ist zu viel, um alles hier zu beschreiben. Ich hätte nie gedacht, dass ein anderer Mensch einen ohne körperliche Gewalt sooo fertig machen kann. Und er tut nicht das Geringste, um unsere Tochter mal wieder in meine Richtung zu bewegen. Sieht er nicht, dass unser Kind auch seine Mutter braucht?

Seit ich entschieden hatte, dass ich meinen Mann verlasse, stehe ich im Kontakt mit Jugendamt und Erziehungsberatung. Dort wird mir geraten, meine Tochter „an der langen Leine“ zu lassen und ihr Zeit zu lassen, damit sie wieder Vertrauen zu mir fasst. Das klingt auch logisch, aber es tut so weh und es hat sich elf Monate lang nichts verändert.

Seit zehn Monaten zahle ich auch Kindesunterhalt (er ist sofort zum Anwalt gerannt, kaum dass ich ausgezogen war), obwohl eigentlich mein Mann mir noch Geld schuldet. Er spricht nichts mit mir ab, erzählt mir nicht, dass unsere Tochter letzten Winter wegen einer Gehirnerschütterung drei Tage im Krankenhaus lag, dass sie in der Schule große Probleme hat und evtl. sitzen bleiben wird. Das habe ich von der Lehrerin erfahren, die ich zufällig beim Einkaufen traf. Sie wusste gar nicht, dass meine Tochter seit elf Monaten jeglichen Kontakt zu mir verweigert!

Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll.

Soll ich meiner Tochter weiterhin Zeit lassen und meinem Mann die Gelegenheit geben, ihr einzureden, dass ich SIE im Stich gelassen habe und ein tolles, lustiges Leben ohne Verantwortung führe, dass ich es genieße, meine Freiheit zu haben?

Oder soll ich vor Gericht ein Umgangsrecht einklagen und meine Tochter so zwingen, mich regelmäßig zu sehen?

Ich habe auch große Angst davor, welchen Schaden meine Tochter nehmen wird, wenn sie eines Tages aufwacht und erkennt, dass ihr geliebter Papa sie nur als Waffe gegen mich missbraucht hat.

Das einzig Positive, was bei der ganzen Geschichte herauskam ist, dass ich wieder viel Kontakt zu meinen vier Schwestern und alten Freunden habe, die mich stützen, mir zuhören und mich ablenken. Von ihnen hatte ich mich während meiner Ehe immer weiter entfernt, weil mein Mann so eifersüchtig war.

Ich hoffe, ich finde hier gute Ratschläge und danke euch schon mal, dass ihr meine lange Geschichte durchgelesen hab.

Lonely Mom
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Gerda
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Gerda »

Liebe Lonely Mom,

herzlich willkommen hier im Forum :winken:

Das, was du schreibst, klingt nach ganz entsetzlichen unmenschlichen Seelenqualen. Vielleicht magst du mal hier lesen, in wie weit du dich und deine Tochter da wiederfindest: http://www.wera-fischer.de/pas.html

Es muss sehr weh tun, so von der eigenen Tochter entfremdet zu werden. Das widerspricht gegen alles, was man als gesunder Mensch fühlt, was ein Kind braucht. Ich selbst habe meine Tochter mit 13 zu ihrem Vater ziehen lassen müssen in einer ähnlichen Konstellation, dass der Vater mich als nicht ernst zu nehmen hinstellte und mich als Mutter völlig entwertete vor unserer Tochter. Ich habe diese Schmerzen als unvorstellbar unbeschreiblich groß erlebt. Allerdings hatte ich mit ihr schon eine lange Weile zu zweit gelebt und wir lebten in dem Haus, in dem wir auch während der Ehe gelebt hatten. Da war die Umgebung sehr vertraut. So gab es eine andere Basis für sie, dann wieder zurück zu kehren, nach 2 Jahren.

Mir kommt das Verhalten des Jugendamtes da sehr fahrlässig vor. Der Rat, die Tochter an der langen Leine zu lassen, ist für das JUA sehr bequem, aber für das Verhältnis zwischen dir und deiner Tochter vollkommen verkehrt - aus meiner Sicht. Ich sehe es so - weiß aber natürlich fast nichts über euch, während das JUA Euch ja schon kennt und erlebt hat - dass es die Aufgabe des JuA wäre, Gespräche mit dem Vater zu führen und ihm klar zu machen, dass er den Kontakt mit dir unterstützen muss.

Für mich klingt das nach einer sehr grausamen Prognose: wenn du den Kontakt einklagst, wirst du vermutlich deine Tochter noch mehr in die Ablehnung treiben.

Deine Tochter ist mit 13 eigentlich in einer Phase, wo sie sich von dir als Mutter beginnt zu lösen - sehr natürlich für Mädchen in dem Alter. In einer Familie ist der Vater derjenige, dem sich das Mädchen in diesem Alter zuwendet. Wenn aber in dieser Zeit die Familie zerbricht, ist der Loyalitätskonflikt groß und mischt sich mit den altersgemäßen Entwicklungen. Alle Kinder haben einen Loylitätskonflikt in der Scheidung. Nur die Eltern können das Kind aus diesem Konflikt befreien oder ihn wenigstens erleichtern, indem sie ihm ganz klar machen, dass das Kind beide Eltern lieben darf und Kontakt zu beiden haben soll und darf.

Wenn dann aber, wie bei Euch, der Vater die Situation noch ausnutzt für einzig und allein seine Zwecke, dann wird der Loyalitätskonflikt drastisch verschärft. Deine Tochter spürt sicher im Innern, dass das nicht in Ordnung ist, zu dir keinen Kontakt zu haben. Sie spürt auch, dass es nicht in Ordnung ist und war, dass sie dich nicht mehr akzeptiert hat mit deinen mütterlichen Anordnungen. Sie wird sich deswegen sehr schuldig fühlen. Der Vater wird aber auch diese Schuldgefühle für sich nutzen und ihr einreden, dass es richtig ist, was sie tut. Sie gehen Tag für Tag stärker ein immer unauflöslicher werdende Bindung ein. Gleichzeitig fühlt sich deine Tochter aber auch sehr verlassen von dir. Sie wünscht sich, dass du dich um sie kümmerst, um sie kämpfst,und wenn du das nicht machst, dann nimmt sie dir das übe. - wenn du es aber tust, dann sperrt sie sich. Es ist ein Teufelskreis. Der Weg da heraus ist für dich nicht beeinflussbar. Ob du lange Leine läßt oder nicht. Der Weg da heraus geht nur, wenn der Vater ein Einsehen haben würde, aber das ist höchst unwahrscheinlich, nach meiner persönlichen Erfahrung und auch der Erfahrung hier.

Du bist aus meiner Sicht Opfer einer ganz brutalen psychischen Gewalt, die vom Gesetz akzeptiert wird. Es gibt nicht, - wie in anderen Ländern - eine strafrechtliche Regelung, die Entfremdung von einem Elternteil unter STrafe stellt.

Auch wenn ich dir von Herzen wünsche, dass du andere Wege findest, rate ich dir sehr, deine Energie vor allem für dich selbst zu nehmen und zu gucken und zu suchen, was du im Leben tun kannst, um wieder glücklicher zu sein, unabhängig von deiner Tochter. Der Druck für die tochter, zu dir zurück zu kehren, wird dadurch geringer und sie kann fühlen, dass du glücklich bist - was es für sie einfacher macht, Kontakt zu dir zu haben. Außerdem wäre es schön, du könntest eine Art innere Akzeptanz für die jetzige Situation in dir herstellen. Das wäre eine gute Grundlage, um deiner Tochter das Gefühl zu geben, du akzeptierst, wie sie sich verhält, was ihr den Weg zu dir einfacher macht. Und schließlich könntest du den Kontakt auch durch SMS, Postkarten usw. halten, wo du nichts Belastendes sondern nur Aufbauendes reinschreibst.

Wegen der Informationen über Krankehiten würde ich sofort klagen. Das Krankenhaus darf deine Tochter gar nicht aufnehmen ohne deine Zustimmung. Deinem Mann gegenüber hast du das Recht, dass er dich informiert, und zwar umgehend. Das könnte durch einen Gerichtsbeschluss klar gestellt werden.

Alles Liebe. Und schreib ruhig noch mehr, so viel du willst, wenn es dich erleichtert.

Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

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lonely Mom
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von lonely Mom »

Hallo, Gerda

Danke für deine Antwort. Den Link habe ich gleich angeklickt und schon teilweise gelesen. Bei ganz vielen Sachen dachte ich "Ja!!! Genau so läuft das bei uns!" Alternativprogramme anbieten, wenn ICH etwas mit ihr machen will, mich als verantwortungslose Mutter darstellen ... Genau so spielt sich das ab! Und bei dem Ganzen habe ich das GEfühl, völlig machtlos zu sein.

Der Erziehungsberater rät mir zur "langen Leine", weil er in seiner beruflichen Laufbahn wohl viele Fälle erlebt hat, bei denen ein gerichtlich "erzwungener" Kontakt zum Kind alles nur noch verschlimmert hat. Das leuchtet mir zwar auf der einen Seite ein, aber ich habe auch Angst, dass meine Tochter mir irgendwann mal sagt, ich hätte mehr um sie kämpfen müssen.

Hinzu kommt, dass ich von vielen Leuten, die meine Situation kennen (Kollegen, Familie, Freunde) "gute Ratschläge" bekomme, die mich nur noch mehr durcheinander bringen. Die einen sagen "Hü", die anderen "Hott". Jeder hat eine logische, einleuchtende Begründung für seinen Rat, aber wer muss denn mit den Konsequenzen leben? Diese wohlmeinenden Leute ja nicht, sondern nur ich. Ich weiß, sie meinen es alle wirklich gut.

In den Wochen um meinen Auszug herum hatten mein Mann und ich mehrmals einen GEspräch mit dem Erziehungsberater. Mein Mann ist halt ein guter Selbstdarsteller, er kann einem das Wort so im Mund herumdrehen, dass man am Ende ganz wuschig im Kopf ist. So war es auch während unserer Ehe. Wenn wir einen Streit bekamen, weil er mir z.B. vorgeworfen hat, ich hätte den Vater einer Schulkameradin meiner Tochter verführerisch angelächelt, wusste ich am Anfang des Streits noch, dass er im Unrecht war und er maßlos übertrieb. Wenn er mit seiner Argumentation fertig war, war ich mir nicht mehr sicher, wo oben und unten ist und ob ich nicht vielleicht tatsächlich mit diesem Mann geflirtet habe.

Der Erziehungsberater hat meinen Mann wohl durchschaut und sich von ihm nichts vormachen lassen, aber er kam einfach nicht an ihn heran. Mein Mann legt sich alles so zurecht, wie es in SEIN Weltbild passt. ER hat IMMER Recht und SEINE Meinung ist die einzige, die zählt. "Natürlich" steht auch für ihn das Wohl unseres Kindes an erster Stelle, haha, und "natürlich" versucht er stets und ständig, unsere Tochter zu drängen, mit mir etwas zu unternehmen, aber er kann sie "natürlich" nicht zu etwas zwingen, das sie absolut nicht will. Und all das äußert er mit einer Selbstgefälligkeit, dass man die Scheuklappen, die er trägt, richtig sehen kann.

Ich weiß einfach nicht, wer es mit so einem Menschen aufnehmen könnte, wenn es nicht einmal ein Erziehungsberater schafft, der das gelernt hat.

Ich hätte ihn schon viel früher verlassen sollen, als unsere Tochter noch klein war. Aber ich kann die Zeit nicht zurückdrehen und ich fand erst vor elf Monaten die Kraft dazu. Und mich wegen "hätte, wäre, wenn" selber zu zerfleischen ist verschwendete Energie, also lasse ich das lieber gleich.

Die innere Akzeptanz, wie du es schreibst, versuche ich aufzubauen. Ich habe eine tolle Arbeitsstelle, viele nette Kollegen und Freunde, die mit mir was unternehmen. Aber all das würde ich mit Freuden aufgeben, wenn ich nur mein Kind wiederbekommen würde. Dieses letzte Jahr war das schwerste Jahr in meinem Leben und es ist einfach keine Besserung in Sicht. Klar, ich halte auch weiterhin Kontakt zu meinem Kind, schicke ihr Emails und SMS mit banalen Erzählungen, nichts, um ihr Druck zu machen, aber genug, damit sie merkt, ich hab sie nicht vergessen. Aber ich kriege nie eine Antwort und bei Briefen bin ich nicht sicher, ob sie sie überhaupt erhält. Auch meine Familie hat seit Monaten nichts von ihr gehört, sie antwortet auf keine Email, keinen Brief und auch hier befürchte ich, dass mein Mann diese abfängt und ihr statt dessen weismacht, ihre Tanten, Oma und Opa hätten sie ohne schlechtes Gewissen aus ihrem Leben gestrichen. Das arme Kind, was mag sie nur von uns allen denken?

Lieben Dank für deine Worte, das über das PAS werde ich mir jetzt noch genauer "zu Gemüte führen".

Gruß
Lonely Mom
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Gerda
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Gerda »

Liebe Lonely MOm,

ich kann mir gut vorstellen, wie das ist, was alle anderen sagen. Ich kenne das. Die Menschen halten es nicht aus, sich solche Geschichten anzuhören und geben dann solche RatSCHLÄGE. Meine Erfahrung ist die, dass man selbst immer meint, es MÜSSE doch irgendwie eine Lösung dafür geben. Und wenn dann ein Außenstehender etwas sagt, möchte man dem gerne glauben, aber niemand steckt so drin in der Situation wie du selbst und kann es wirklich beurteilen.

Ein Erziehungsberater hat es meist nicht gelernt, mit so hochzerstrittenen Eltern oder einem fast schon pathologisch arbeitenden Elternteil zu arbeiten. Dazu gibt es zwar Fortbildungen, aber die hat lange nicht jeder Erziehungsberater gemacht. Und ob die was nützen? Es scheint nicht so zu sein, denn wenn dein Mann mit seinem Verhalten durch kommt, ist das Wohl des Kindes nicht unterstützt. Er tut offenbar sehr scheinheilig und versucht, den Erziehungsberater zu seinem WErkzeug zu machen, das ihm ebenfalls bescheinigt, dass du derjenige bist, der Böse und schuldig ist.

Vielleicht musst du dem Erziehungsberater noch mal mit Nachdruck deine große Not schildern. Ich habe einen Freund, der Erziehungsberater in einer Beratungsstelle ist. Er hat eine Familientherapeutische Ausbildung, eine Mediationsausbildung, aber er kommt mir solchen Vätern auch nicht zurecht. Er hat mit einem Teil seines Teams einen solchen Vater, seine Kinder und die Mutter betreut, und der Vater hat es geschafft, die Kinder so zu indoktrinieren, dass sie auch den Erziehungsberatern gesagt haben, sie wollten ihre Mutter nicht sehen. Dieser Freund hat erst daraufhin das PAS begonnen, ernst zu nehmen, nachdem er vorher sagte, das sei nicht so wichtig. Erst dabei hat er verstanden, wie emotional brutal das ist, was dieser Vater und offenbar noch mehr Väter und auch Mütter machen.

Vielleicht kannst du das, was in dir vorgeht, auch in Briefe an deine Tochter schreiben, die du nicht abschickst. Ein Buch mit Briefen an sie, das du ihr vielleicht irgendwann mal gibst, wenn sie dir wirklich vorwerfen sollte, du habest nicht genug um sie gekämpft. Wichtig ist, dass du immer selbst mit dir im Reinen bist, warum du nicht mehr kämpfst um sie, damit du sie nie belasten musst mit den Erklärungen, die darstellen, dass du im Recht gewesen seiest. So, dass du immer offen sein kannst, wenn sie KOntakt zu dir sucht, wirklich MIT IHR KOntakt zu haben und nicht mit dem Werkzeug deines Mannes, das du erst mal bekehren musst.

Ich kenne einen Mann, der hat erst mit Ende 30 verstanden, dass seine Mutter nicht alles schuld sei. So lange hat er sie für schuldig gehalten an der Trennung. Vielleicht versuchst du dir mal vorzustellen, wie das für dich wäre, wenn es so kommen würde. Nicht, dass ich dir das wünsche. Aber solche Prozesse mit einem Kind brauchen manchmal unglaublich viel Zeit, viel mehr, als du dir vielleicht jetzt vorstellst.

Wenn ich versuche, mich in deine Tochter einzufühlen, dann stelle ich mir vor, dass sie sehr belastet ist. Das zeigen ja die Schulnoten, das zeigt, dass sie offenbar einen Unfall hatte - Gehirnerschütterung. Ich stelle mir vor, sie glaubt ihrem Vater, dass es ihm so furchtbar schlecht geht, nachdem er alles versucht hat mit Dir. sie fühlt sich vermutlich verantwortlich für ihn. Wenn sie jetzt auch noch ihn verlassen würde, das würde ihn vielleicht umbringen, denkt sie vielleicht. Das macht sie natürlich wütend auf dich, dass du gegangen bist. und das treibt sie in seine Arme.

Vielleicht gibt es eine Gelegenheit, dass du mit ihr darüber sprechen könntest. Vielleicht bei dem Erziehungsberater mit ihm zusammen. Was denkst und fühlst du dazu?

Liebe Grüße
Gerda
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Gerda »

PS: und denke nie, du verlierst dein Kind. Du kannst dein Kind nicht besitzen, aber es wird immer dein Kind bleiben. Du wirst immer die Mutter bleiben, die ihr ganz viel gegeben hat. Daran wird sich nichts ändern, auch wenn sie jetzt so abwehrend ist. Sie kann vermutlich die Trennung gar nicht bewältigen, weil sie total überfordert von dem Loyalitätskonflikt ist. Mehr ist es nicht. Dadurch hast du sie nicht verloren.

Es ist ein großes Glück, dass du einen tollen Job und nette Kollegen hast. Natürlich würdest du lieber den Kontakt mit deinem Kind haben. Das ist doch klar! Aber da es nicht geht, versuch das Beste zu machen für dich, was nur geht, damit du nicht zerbrichst an dieser enorm schweren Zeit. Denn damit würdest du deinem Ex Genugtuung bereiten und Befriedigung seiner Machtbedürfnisse. Sorg gut für dich, so gut es nur geht, das hilft dir im Moment am meisten, weil du darauf wirklich Einfluss hast. Auf Vater und Tochter hast du im Moment keinen und wirst auch keinen haben können.

LG
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von lonely Mom »

Liebe Gerda.

Vielen Dank für deine Worte, besonders das PS. Zum Glück habe ich schon ganz früh nach meinem Auszug gewusst, dass ich mich selbst "verwöhnen" muss, damit ich nicht in ein Loch falle, aus dem ich nicht mehr herauskomme. Ich war ja auch zunächst so froh und erleichtert, der Anwesenheit meines Mannes entkommen zu sein. Er arbeitet von zuhause aus, ich hatte also dort keine Freiräume und er konnte mich ständig mit seinen psychologischen Machtspielen plagen.

Nein, ich kann nicht sagen, dass ich ganz im Reinen mit mir bin wegen meiner Entscheidung, nicht um meine Tochter zu kämpfen. Ich tue es einfach deshalb nicht, weil ich das Gefühl habe, dass es meine Tochter nur noch weiter von mir entfernen würde, wenn ich sie jetzt per Gerichtsbeschluss dazu zwingen würde, zu mir zu ziehen und damit ihren geliebten Papa zu verlassen.

Jemand hat mal zu mir gesagt, dass ein Kind sich bei der Trennung seiner Eltern auf die Seite des Schwächeren stellt. Damals fand ich das völlig unzutreffend, denn ICH war doch jahrelang die Schwächere gewesen. Aber mittlerweile denke ich, dass eigentlich ja mein Mann der Schwächere sein muss, wenn er den Gedanken nicht ertragen kann, seine Tochter könnte auch mich liebhaben.

Das macht für mich zwar Sinn, aber es ist kein Trost. Denn das Zusammensein mit meiner Tochter fehlt mir unglaublich. War ich am Anfang noch bereit, meine negativen Gefühle gegenüber meinem Mann auszuschalten und uns einfach als Eltern zu sehen, die getrennt, aber doch gemeinsam das Beste für das Kind wollen, so muss ich jetzt sagen, dass ich nur noch voller Zorn und Hass bin. Was tut er mir an? Aber noch schlimmer: WAS TUT ER UNSEREM KIND AN?

Aber wie ich jetzt lesen konnte (dank des Links zum PAS), ist er ja gar nicht in der Lage, das zu reflektieren. Im Gegensatz zu mir, die nach wie vor gegenüber meinem Kind nie ein schlechtes Wort über ihn äußern würde, ist er nur von dem Gedanken getrieben, mir zu zeigen, wer die "wahre Macht" hat.

Ich glaube, du hast Recht, und ich brauche noch mehr Geduld. Dieses Problem wird sich für mich nicht in den nächsten Wochen oder Monaten lösen - vielleicht sogar nie, und der Gedanke tut weh, so weh.

Die Sache mit dem Briefe an meine Tochter schreiben, die ich nicht abschicke, ist eine gute Idee. Ich schreibe ihr ja sowieso regelmäßig, aber die Briefe kriegt sie vielleicht gar nicht. Ich habe sie allerdings alle vorher kopiert, damit mein Mann später mal nicht sagen kann, ich hätte mich nicht bei ihr gemeldet. In diese Briefe schreibe ich allerdings nichts, mit dem ich sie bedrängen oder gar ihren Vater schlecht machen würde. Aber ich glaube, mir würde es gut tun, mal in einem Brief meine Gefühle darzulegen, wenn sie ein paar Jahre älter oder sogar erwachsen ist, möchte sie sie dann vielleicht mal lesen und versteht besser, was sich in dieser Zeit abgespielt hat.

Jetzt muss ich aber auf die Arbeit.

Lonely Mom
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Ansa
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Ansa »

Liebe lonely Mum,

Deine Geschichte erinnert mich in den Grundzügen an meinen Exmann, der eine narzistische Persönlichkeitsstörung hat und ein ähnliches Charisma, wie Du es beschreibst. Der Menschen manipuliert und der, wenn er etwas will, so nett, so liebevoll, so zuneigend und so großzügig sein kann, das es einem die Sprache verschlägt. Das sind Dinge von Geschenken bis hin zu auf der Autobahn bei einer Panne halten und Frau und Kinder heim fahren um zu helfen. Was so nett klingt, ist sein Lebenselixier, denn solche Geschichten erzählt er jedem und "erntet" viele viele Mal eine bewundernde Begeisterung. So ist seine Motivation etwas zu tun, für die meisen Menschen nicht durchschaubar.

Insoweit ist der Gedanke, das Kinder sich dem Schwächeren zuwenden auch richtig, denn Menschen, die eine solche Veranlagung in sich tragen, haben überhaupt kein Selbstbewusstsein, die leben nur durch und über andere oder auch von anderen. Er ist tatsächlich der Schwächere, obwohl er sich alle Gedanken in so eine Richtung verbieten wird.

Der Umgang mit solchen Menschen ist extrem schwer, nicht nur für Dich, sondern auch für Deine Tochter - sie wird eines Tages erkennen (mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit) das die Zuneigung ihres Papas einen hohnen Preis hat. Nämlich bedingungslose Anerkennung und die kann sie, wenn sie sich weiter entwickelt (Pubertät, eventuell einen Freund, verliebt sein etc.) nicht bedingungslos geben.

Mir wäre es wichtig, meinem Kind zu signalisieren "ich bin immer für Dich da, egal was Du tust!" so, das sie das weiß. Ein Freund von mir, der sein Kind lange lange nicht sehen durfte, hat Tagebuch geführt, aufgeschrieben, was er gedacht hat (Du hast mir heute so gefehlt, als ich am Fluß spazieren ging, habe ich mir vorgestellt, wir würden Steine übers Wasser hüpfen lassen und einen Moment war ich traurig....) für und an das Kind. Eines Tages, so hofft er, wird es kommen und fragen "warum" und dann will er ihm das Buch geben und zeigen, das er es nie vergessen hat. Darin steht kein einziges böses Wort gegen Mama, kein einziger Vorwurf gegen das Kind, sondern nur, was ihn bewegt hat und was er gedacht hat..... sein Kind, so hofft er, wird ebenfalls immer mal an ihn denken.... ich halte das für eine gute Idee?

Bei mir ist es etwas anders, ich habe meine Kinder mitgenommen - und sie haben im Laufe der Jahre sehen und erkennen gelernt und haben heute zu ihrem Papa ein eigenes Verhältnis. Sie lieben ihn, keine Frage, aber sie vertrauen ihm nicht und sie hüten sich sehr, in seine "Gewalt" zu geraten, obgleich er das immer offener versucht.

Eine Umgangsklage ist schwierig, besonders wenn die Kinder bereits so groß sind. Ich neige trotzdem immer wieder dazu, es zu versuchen, derweil, zum einen befragt ein geschulter Richter das betreffende Kind allein und ohne Zeugen. Zum anderen um auch irgendwann einmal sagen zu können "DU warst mir so wichtig, ich hab alles versucht......." Da ist dann kein Raum mehr für Vorwürfe. Wie man mit so etwas umgeht, ist wieder etwas anderes. Man muss den Umgang dann im einzelnen ja nicht erzwingen - aber kampflos aufgeben würde ich vermutlich nicht. Es muss also nicht darum gehen, das Kind vom Papa weg zu holen, aber ihm zu zeigen, "ich würde Dich gern regelmässig sehen wollen.........."

Und, falls Du schreibst, sei vorsichtig in Deiner Wortwahl, Worte sollten so gewählt sein, das dem Kind keine Vorwürfe übergeben werden. Ein "weil ich Dich nicht sehen kann, bin ich traurig" ist zwar die Wahrheit, kommt aber als Vorwurf an und ein "Ich hab Dich so vermisst" sagt das Gleiche aus, ist aber von Dir aus gesprochen..... die "Ich" Persepktive.

Liebe Grüße und ganz viel Kraft
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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Gerda
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Gerda »

Liebe Lonely Mom,

es tut mir so leid, zu lesen, wie weh - verständlicher Weise - es dir tut, deine Tochter nicht zu sehen und dass dein Mann sie so entfremdet von dir. Das ist wirklich ein furchtbarer Schmerz, unmenschlich, so etwas zuzufügen und doch kommt es vor, und die Menschen, die davon betroffen sind, leiden entsetzlich. Auch deine Tochter leidet sicher sehr darunter, auch wenn sie nach außen hin vielleicht die coole unnahbare ablehnende markiert.
Ich verstehe so sehr, wie weh es tut, dass du nicht mit ihr zusammen sein kannst. DAs ist völlig unnatürlich, als Mutter sein 13-jähriges Mädchen nicht mehr sehen zu können. Ich habe mich schon gefragt, ob es möglich wäre, mal mit der Lehrerin zu sprechen und ob die Mal mit deiner Tochter sprechen könnte, hören, wie es ihr geht. Ich frage mich nämlich auch, wie es deiner Tochter wohl in der Situation gehen mag. Ob sie sich selbst überhaupt spüren kann? Spüren kann, wie es ihr geht? Oder lernt sie gerade, dieses machtorientierte Verhalten deines Mannes zu kopieren?
Ich habe das auch schon oft gehört, dass das Kind sich auf die Seite des Schwächeren schlägt. Wer sehr viel Machtspiele spielt, ist sicher schwächer, denn sonst würde er das nicht tun, aber durch die Machtspiele macht er den anderen wehrlos (oder vermeintlich wehrlos), und dann fühlt der andere sich schwächer, obwohl er es faktisch nicht ist. Letztlich steht aber hinter diesem Verhalten eine große Einsamkeit und die immense Angst vor der großen Einsamkeit, die z. B. deinen Mann antreibt, sich so zu verhalten. Das ist kein Verhalten, was man sich ausdenkt, was sich aber immer mehr ausbildet, je weniger ihm da entgegengesetzt wird. Da das schon über Jahre so geschehen ist, ist es jetzt sehr gefestigt in ihm und du wirst da vermutlich nichts mehr ausrichten könnten.

Ein schwerer Fehler, den viele Partner solcher Menschen machen, ist, daran zu glauben, dass so ein Mensch sich ändern könnte, wenn er nur die richtigen Argumente einsehen würde oder wenn man "es" irgendwie richtig macht. Solange ein Mensch aber nicht leidet unter seinem eigenen Verhalten sondern ausschließlich andere Menschen leiden läßt, ist in ihm keinerlei Einsicht, etwas ändern zu müssen. Deshalb kann ich dir nur immer wieder empfehlen, sehr gut für dich selbst zu sorgen und dass es dir selbst unabhängig von ihm und auch davon, ob du deine Tochter sehen kannst oder nicht, gut geht.

Wenn du dich auf diese Weise unabhängig von ihm machst und ihm seine Machtspiele unattraktiv machst, sind die Türen am weitesten geöffnet dafür, dass deine Tochter auf dich zugehen kann. Aber sei darauf gefasst, dass er seine Machspiele fortsetzen wird, auf allen Ebenen. Unterhaltsklage & Co. Das Beste, was du für dich tun kannst, ist, für dich selbst zu sorgen, gucken, was dir Freude macht, dankbar sein für die Jahre, die du bislang mit deiner Tochter hattest.

Ich habe einen ähnlichen Exmann, wie Ansa und vielleicht auch wie du. Er hat 10 Jahre Gerichtsprozesse mit mir geführt, um alles und jedes. Er hat mich damit regelrecht verfolgt. Er hat erst aufgehört, als unsere Tochter so darunter litt, dass sie suizidal wurde, als sie 16 war. Da hat er gemerkt, dass er etwas tun muss. Und als er selbst schließlich von all dem Kämpfen einen Herzinfarkt mit 48 Jahren bekam. Erst da wurde ihm klar, dass dieses Kämpfen ihm selbst schadet.
SEit dem habe ich nichts mehr von ihm gehört - seit 8 Jahren. Ich habe immer wieder gedacht, er muss das doch einsehen. Das kann doch nicht sein Ernst sein, sich so zu verhalten, wo es doch auf der Hand liegt, dass er unserer Tochter so immens schadet. Aber es war sein Ernst. Er hat es nicht verstanden, was er tut. Er war blind vor Wut auf mich, narzistische Wut, und die ist wahrscheinlich das Schlimmste, was einem begegnen kann. Er hat sich nur noch hämisch mir gegenüber geäußert, als unsere Tochter zu ihm ziehen wollte und zu ihm gezogen ist. Später allerdings kam er angekrochen, als sie nach 6 Wochen lieber wieder zu mir zurück wollte und er mit ihr gar nicht mehr fertig wurde.

Der Brief an deine Tochter, wo du mal alles aufschreibst, was dir auf der SEele brennt, vielleicht schreibst du den erst mal hier hinein? Da könnten wir dir Feedback geben und wir könnten gemeinsam darauf achten, dass das, was wichtig ist für deine Tochter, drin steht und das, was eher dahin gehört, dich selbst zu entlasten, ausklammern?

Etwas anderes, aufzuschreiben, könnte ich mir gut vorstellen: dass du aufschreibst, wie du dich fühlst, bei jeder Situation, was dein Mann macht. Damit das System klar wird, wie er es macht, deine Tochter dir zu entfremden. Wie er es macht, dass er andere so auf seine SEite zieht. Das könnte wichtig sein, das mal dokumentiert zu haben, vor Gericht, beim Jugendamt, bei der Erziehungsberatung. Aber auch, um auf die Dauer zu lernen, damit anders umzugehen.

Liebe Grüße
Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

Sei selbst die Veränderung, die du dir wünschst.
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von lonely Mom »

Liebe Ansa, liebe Gerda

"Narzistische Persönlichkeitsstörung" - das kenne ich! Mein Mann ist auch so jemand, von dem die ganze Umwelt denkt, "Ach, was für ein toller, hilfsbereiter Typ, dessen Frau kann sich ja sowas von glücklich schätzen". Und keiner kann sich auch nur annähernd vorstellen, was sich zuhause abspielt, wenn etwas nicht so läuft, wie er es will! Ich hatte mir zwar bei unserer Trennung schon gedacht, dass viele Leute mich nicht verstehen werden. Aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie viele Leute mir noch nicht mal ansatzweise glauben, dass dieser nette, liebevolle Ehemann mich jahrelang terrorisiert hat. Etliche gemeinsame Freunde (soweit mein Mann überhaupt Freunde haben kann) haben sich von mir abgewandt. Was mich allerdings sehr gefreut hat war ein Pärchen, das nach ein paar Monaten wieder Kontakt zu mir aufgenommen hat und sich entschuldigte. Anscheinend konnte mein Mann in seiner verletzten Eitelkeit dann doch sein wahres Gesicht nicht ganz verbergen und hat sich in seinem eigenen Lügengespinst verstrickt. Da ich mir aber nicht hundertprozentig sicher bin, ob dieses Paar evtl. doch Dinge an ihn weiterberichtet, halte ich den Kontakt zu ihnen auf ein Minimum reduziert und erzähle nichts Privates.

Alles, was ihr über die Konflikte meiner Tochter schreibt, kann ich nachvollziehen und mir so auch gut vorstellen. Ich muss das jetzt alles erstmal sacken lassen und mir meine weitere Vorgehensweise gut überlegen. Ich will auch nochmal mit dem JuA und dem Erziehungsberater sprechen und sehen, was die zu PAS sagen. Davon ist bisher nie ein Wort gefallen. Ich hatte aber nie das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen würde. Anscheinend sind die Beraterin vom JuA und der Erziehungsberater wirklich davon überzeugt, dass ein Umgangsrecht gegen den Willen des Kindes meine Tochter noch weiter von mir wegtreiben würde, verstehen aber sehr gut, wie weh mir diese Entfremdung tut.

Ein Gerichtsverfahren wird sicher auch kostspielig und ich muss mal sehen, wie ich das bezahlen kann, denn nach Abzug des Unterhalts bleiben mir knapp tausend Euro im Monat und das Leben in der Stadt ist teuer, selbst wenn man sich noch so einschränkt.

Ihr beiden, ich melde mich in den nächsten Tagen wieder. Danke für eure Gedanken!

Lieber Gruß
Lonely Mom
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Ansa
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Re: Hilfe - ich verliere mein Kind

Beitrag von Ansa »

Liebe lonly Mom,

ich kenne das, die wohlmeinenden und sanften Worte, von Menschen die sich eben genau so etwas nicht vorstellen können, dies leise "aber DU musst doch irgendetwas getan haben....." und es schmerzt immer wieder, sehr lange.... oder auch viele Ansätze der modernen Therapie "schauen wir doch mal bei Ihnen, was können sie tun........." In den wenigen Fällen, in denen es um solche Menschen geht, ist das grundverkehrt.

Ich habe im Laufe von einigen Jahren heraus gefunden, das es keine Kompromisse geben kann. Das war wohl einer meiner größten "Fehler" - ansich etwas Gutes, denn ich bin ein Teamplayer - das aber ist exakt die Eigenschaft, die solche Menschen nicht ertragen. Ihnen geht es um Macht. Und so habe ich das getan was mir eine liebe alte Freundin vor vielen Jahren einmal riet "Wenn Du es jemandem nicht recht machen kannst, egal wie Du es handhabst - mach es einfach so, wie es sich für Dich am besten anfühlt." Damit bin ich dauerhaft gut zurecht gekommen und als ich den Mut hatte, klare Ansagen zu geben "Ich will nicht das........" da haben sich die Dinge langsam verändert. Heute ist es wesentlich ruhiger bei uns geworden.

Es gibt die Möglichkeite Prozesskostenhilfe zu beantragen. Wenn die Parameter dafür stimmen ist das auch immer ein kleines Signal, sie wird nämlich nur dann gewährt, wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Was viele nicht wissen. Da haben Anwälte aber auch eine Beratungspflicht, zudem müssen sie Beratungsgespräche gegen eine einmalige Gebühr von 10,- € anbieten und geben, aber auch nur, wenn man das vorher ansagt. Es gibt also Möglichkeiten, die Dinge in Bewegung zu setzen.

Dir liebe Grüße und, wir sind da, wenn Dir danach ist.
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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