Neu im "Club" - und suche Rat

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
schwarz
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Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey Ihr!

Ich bin während meiner Suche nach Rat auf dieses Forum gestoßen. Daraufhin habe ich Beitrag um Beitrag gelesen und mich selbst immer wieder gefunden.

Ich bin mittlerweile 18 Jahre alt und somit glücklicherweise endlich volljährig. Vor Kurzem hat meine Mutter den Beschluss gefasst sich von meinem Vater zu trennen und daraufhin auch die Scheidung einzureichen. Ich bin Schüler, wohne demnach leider noch zu hause und bin dementsprechend noch abhängig von meinen Eltern.
Mir wird immer wieder bewusst, wie planlos ich eigentlich bin. Ich muss mich entscheiden, ob ich zur Mutter oder zum Vater gehe. Das Verhältnis zu meiner Mutter ist deutlich besser, aber ich glaube für sie wäre es einfacher, wenn ich bei meinem Vater bleibe. Irgendwann kommt jetzt auch noch der Punkt an dem ich irgendwie meinen Unterhalt einfordern müsste und offen gesagt will ich den von meiner Mutter gar nicht verlangen, sie steht nach der Scheidung finanziell wohl schon schlecht genug da.
Wie sind Eure Erfahrungen mit dieser Entscheidung? Können Eltern es einem wirklich übel nehmen, wenn man sich für den anderen Elternteil „entscheidet“?
Wenn meine beispielsweise meine Mutter total abstürzen würde, wenn ich bei meinem Vater bleibe, würde ich den Gedanken nicht loswerden schuldig zu sein. Aber eigentlich trifft mich Keine, das weiß ich – eigentlich – glaub ich.

Die Scheidung überrascht mich nicht, ich hätte mich schon längst darauf einstellen müssen, - im voraus planen. Auf diesen Entschluss meiner Mutter „warte“ ich schon seit ca. 7Jahren. Damals lag sie mir schon immer wieder in den Ohren, was für eine ätzender Mensch mein Vater doch sei. In gewissen Maßen stimme ich ihr zu. Immer und immer wieder hat sie mir erzählt, dass sie so damit nicht mehr leben kann, doch eine Trennung durchgezogen hat sie bisher nie. Ich hoffe für sie, dass sie es nun schafft. Ich habe einfach keine Lust mehr Psychologe zu spielen. Es hat mir schon zu viel kaputt gemacht. Obwohl ich hier meinen Eltern keinen Vorwurf machen will, sie konnten mir immerhin immer ein gutes Leben bieten – zumindest Materiell.

Meine Mutter hat trotzallem, trotz all den Jahren „Bedenkzeit“ Angst vor der Veränderung, Angst davor ohne Mittel dazustehen, ihr gesamtes soziales Umfeld zu verlieren. Ich will ihr zur Seite stehen, doch glaube ich, dass ich da auch nicht viel richten kann.
Mein Vater ist Selbstständig und verdient nicht schlecht, meine Mutter hingegen hat seit 25 Jahren nicht mehr gearbeitet und hat dementsprechend viel Sorge keine Arbeit zu bekommen, von irgendwelchen Sozialhilfen oder so leben zu müssen.
Ich versuche mich zur Zeit in dieses System der Scheidung hineinzulesen, was aber undurchsichtiger als erwartet ist. Irgendwie muss ich doch weiterhelfen können.

Ich hoffe, ich bin hier nicht allzu unstrukturiert herangegangen. Doch da sind so viele Fragen in meinem Kopf, die ich gar nicht so wirklich in Worte fassen kann. Und der versuch zumindest etwas sachlich zu bleiben ist mir wohl auch nicht so gelungen. Shit happens!

Liebe Grüße Schwarz
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Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber schwarz,

herzlich willkommen hier im Forum! :winken:

Ich kann dich gut verstehen, was du schreibst. MIr kommt es nicht wirr vor oder so. Es kommt mir so vor, als ob du wenig Kind sein konntest in den letzten Jahren? Es kommt mir schlimm vor, dass du "Psychologe" spielen musstest. Das gehört ja eigentlich genau umgekehrt: dass die Eltern für ihr Kind da sind in allen Lebenslagen, sowohl, wenn sie Kind sind, als auch, wenn sie heranwachsend oder junge Erwachsene sind. Als junger ERwachsener ist man vor dem Gesetz volljährig, kann auch viele Dinge im Leben alleine meistern, aber gerade die Eltern braucht man doch eigentlich als Sicherheit im Rücken, um Stabilität und Orientierung zu bekommen. So sehe ich es jedenfalls. Leider hast du diese ERfahrung offenbar nicht, und das ist in deinem Alter sehr schwächend und anstrengend oder kann es sein.

Es wäre sehr schön, wenn du in dieser Situation jemand hättest, der dich gut versteht und der dir hilft, dich zu verstehen und sich ein bisschen darum kümmert, was du brauchst. Gibt es so jemanden? Eine Oma/Opa, Tante/Onkel, guter Freund/Freundin? Oder hast du schon mal daran gedacht, dir möglicherweise sogar professionelle Hilfe zu holen? Z. B. in einer Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche - findest du im Internet, wenn du damit für deine Stadt googelst.

Mir kommt es viel zu viel vor, was du zu schultern hast im Moment. Du bist 18 und solltest nicht so viele Sorgen haben müssen wegen deinen Eltern oder ob jemand von ihnen abstürzt. Es sollte so sein, dass deine Eltern ihre Belange miteinander ausmachen und sich um dich kümmern, damit du den Rückhalt hast, den du brauchst und ihre Probleme sollten sie mit sich selbst oder mit ihren FreundInnen oder auch mit professioneller Hilfe lösen.

Hast du schon mal mit deinen Eltern gesprochen? Wissen sie, wie du dich fühlst? Interessieren sie sich dafür? Fragen sie nach? Fragen sie, was du brauchst? Oder fordern sie vor allem den "Psychologen" in dir?

Was willst du denn eigentlich nach der Schule machen? Hast du schon einen Berufswunsch?

Alles Fragen, die mir so durch den KOpf gehen. Brauchst du nicht zu beantworten, nur wenn du magst. Fühl dich frei, alles szu schreiben, was dich beschäftigt, dir Sorgen macht oder dich quält.

Alles Gute!
Liebe grüße
Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

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schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey, hey!

Vielen Dank für Deine Antwort. Es tut gut sich etwas verstanden und ernstgenommen zu fühlen.

Mein zwölf Jahre älterer Bruder versucht schon immer ein Teil dieser seltsamen Last zu tragen und er schafft es auch mir etwas Rückhalt zu geben, doch hat er selbst schon allein zu viele Probleme (Depression&Co).
Meine engste und wohl auch längste Freundin ist wirklich immer für mich da, und mittlerweile ist es auch einfacher mit ihr über meine familiäre Situation zu reden. Früher als wir noch Kinder/Teenager waren, war es deutlich schwerer, denn ich habe die Probleme meiner Eltern schon nicht verstanden, wie sollte mir da denn jemand in meinem Alter weiterhelfen. Darum habe ich größtenteils aufgehört darüber zu reden. Es fällt mir sowieso extrem schwer, denn ich muss stark sein – zumindest habe ich das so gelernt.
Trotzallem gibt sie und auch mein Bruder mir einen Teil Sicherheit.

Ich habe „von Haus aus“ keine Orientierung, Stabilität etc., das siehst Du schon richtig. Irgendwie halte ich seit Jahren meine Mutter vom „Absturz“ fern. Das ist meine Rolle – der Beschützer.
Die Trennung meiner Eltern(, obwohl wir bisher immer noch alle unter einem Dach leben,) ist meine persönliche Hoffnung, dass sich etwas ändert. Ich hoffe auf Besserung, darauf dass ich weniger Verantwortung für meine Mutter tragen muss, darauf dass es ihr besser geht. Doch ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich etwas dieses positiven Entwicklungen bring. Ich bezweifle es. Es kann genauso gut absolut in die andere Richtung gehen.

Das gute an der ganzen Geschichte ist, dass mich außer diesem seltsamen Verantwortungsgefühl gegenüber meinem kleinen Rest „Familie“ hier nichts hält. Ich sehne mich nach Freiheit. Danach einfach nur für mich da zu sein. Deshalb werde ich mich in einem Jahr, wenn ich mein Abitur in der Tasche habe, auch erstmal nach Neuseeland absetzen und mich dort ein Jahr durchs Land arbeiten (Work&Travel). Auch wenn mich mein Gewissen irgendwie hier halten will, will ich irgendwo mein eigenes Glück suchen. Später irgendwann Musiklehrer werden.

Mein Vater fordert den „Psychologen“ in mir nicht und hat es auch niemals getan, genauso wie er nicht nachfragt, sich sowieso nicht wirklich interessiert. Sein Beruf ist sein Leben. Ich habe so zu ihm weder ein gutes noch ein schlechtes Verhältnis – also eher gar kein Verhältnis. Wenn ich mit ihm rede, dann übers Wetter oder seine Arbeit bzw. er lästert über meine Mutter, was wiederum echt das letzte ist m.E.. Wir leben in gemeinsamen Einverständnis nebeneinander her.
Meine Mutter dagegen fordert, wenn auch unterbewusst, den „Psychologen“. Sie hat früher manchmal gesagt, dass es falsch wäre mit mir über ihre Sorgen, insbesondere ihre Probleme mit meinem Vater zu reden, doch sie hätte sonst niemanden mit dem sie reden könnte. Vor geraumer Zeit hab ich ihr mal professionelle Hilfe angeraten, doch den Rat hat sie bis heute nicht befolgt.

Ich rede mit meinen Eltern nicht darüber, dass es mich belastet. Ich wüsste schon ganz einfach nicht wie. Will schon allein meine Mutter nicht noch mehr belasten.
Sie fragen nicht wie ich mich fühle. Gefühle waren soweit ich denken kann in meiner „Familie“ noch nie ein Thema.

Immerhin kann ich einfach nur Kind sein, sobald ich das Haus verlasse, mit meinen Leuten losziehe und nur der sorglose Dorfpunk bin.

Die Scheidung meiner Eltern wird etwas verändern. Ich weiß zwar nicht was, nicht wie und welcher Art, aber etwas – irgendetwas wird geschehen.

Schon ein unglaublich seltsames Gefühl, dass alles runter zu schreiben, so viel von mir offenzulegen. Aber ich hoffe einfach mal, dass es mir irgendwie weiterhilft.
Ich habe irgendwie, dass dumme Gefühl mich zu wiederholen, aber das ist und bleibt jetzt so.

Liebe Grüße Schwarz.
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Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber Schwarz,

ich habe nicht das Gefühl, dass du dich wiederholst, und ich hoffe, dass es etwas in dir erleichtert, das mal alles runter zu schreiben. Du kannst ruhig noch mehr schreiben. Das hilft uns hier, dich noch besser zu verstehen.

Deine Zukunftsperspektive finde ich super. Work&Travel nach Neusseland. Das klingt total gut. Später Musiklehrer werden. Auch super. Da musst du auch Instrumente spielen können. Welche denn? Ich spiele Klavier, Gitarre und Sopran/Altflöte. Deine Eltern brauchen sich keine Sorgen um dich zu machen. Du weißt, was du willst. Das ist total viel wert, finde ich. Und ja, ich glaube, das wäre gut für dich, wenn du so weit weg bist von zu Hause. Gibt es etwas anderes, was dich und deine Mutter verbindet, außer, dass sie dich als Psychologen braucht?

ich stelle es mir sehr bedrückend vor, so von deiner Mutter belastet zu werden. Das sollte wirklich genau anders herum sein. Sie hat offenbar ein Gespür dafür, dass es eigentlich nicht dir richtige Haltung als Mutter ist, dich mit ihren Problemen zu belasten. Du könntest ihr, glaube ich, am besten damit helfen, dass du aufhörst, dich verantwortlich für ihre Abstürze oder möglichen Abstürze zu fühlen und sie bittest, sich irgendwo anders Unterstützung zu suchen. Wenn du nicht weißt, wie du mit deinen Eltern oder wenigstens deiner Mutter sprechen könntest - es würde reichen, ihr zu sagen, ich möchte das nicht mehr anhören, denn es belastet mich und eigentlich gehört es anders herum, dass Eltern für die Kinder da sind und nicht umgekehrt. Meine Tochter hat das mal zu mir gesagt, als ich 16 war, und das war für mich sehr wichtig, das zu hören und auch die Vehemenz in der sie das sagte. Trennung hatte für mich so viel Belastung bedeutet, dass ich meine Tochter als Kind mit kindlichen Bedürfnissen nach Fürsorge und Unbeschwertheit einfach nicht mehr fühlen konnte. Es hat mir dann geholfen, dass sie sich da klar geäußert und abgegrenzt hat.

Die Beziehung zu deinem Vater klingt sehr wenig tragend. Aber da er seine ARbeit offenbar liebt, bedeutet das in der Folge auch, dass es wenigstens keine finanziellen Sorgen gibt für dich?

Schön, dass du so eine gute Freundin hast und schön, dass es auch möglich ist mit ihr zu sprechen und es dir auch möglich geworden ist, auszudrücken, was dich belastet. Das kommt mir sehr wichtig vor. Vielleicht hilft dir dazu auch das Schreiben hier etwas? Also wie gesagt, schreib ruhig das Forum voll mit allem, was dir einfällt.

Liebe Grüe
Gerda
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schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey ho,

vielen Dank für deinen Rat.
Ja, ich muss zugeben, dass es wirklich irgendetwas in mir erleichtert einfach mal niederzuschreiben, was so in meinem Kopf vorgeht. Es tut gut.
Wenn ich sonst mal darüber schreiben, dann nur stark verallgemeinert, leicht verändert in Songtexten beziehungsweise ich lasse diese Gefühle in die Musik die ich schreibe oder einfach nur spiele einfließen. Meine persönliche eigen Musiktherapie sozusagen. Ich denke, du kennst die wohltuende Wirkung der Musik auch. Dir scheint sie auch wichtig zu sein.
Ich spiele, wie du ja auch, Gitarre und Klavier. Das sind auch die Instrumente, die ich wahrscheinlich so beherrsche, dass ich mich damit fürs Musikstudium bewerben kann. Außerdem spiele ich Bass und Schlagzeug.

Über deine Frage, ob mich mit meiner Mutter noch etwas verbindet außer meine Psychologen Rolle habe ich lange nachgedacht und ich bin nicht wirklich zu einem Ergebnis gekommen. Klar, gibt es mal diese Momente in denen wir einfach nur reden. Reden über den Alltag, mein Leben, einfache Gespräche und diese kurzen Augenblicke in denen ich weiß, dass sie stolz auf mich ist, auf das was ich bin. Doch irgendwie sind die über die Jahre immer seltener geworden.

Es stimmt schon, dass ich irgendwie aufhören muss mich für sie verantwortlich zu fühlen. Ich weiß nicht, ob es für sie das beste wäre, aber für mich garantiert. Doch dieses konditionierte Verhalten loszuwerden fällt mir extrem schwer.
Dennoch hat mich deine Geschichte, dein Erlebnis mit deiner Tochter, darin bestärkt es nochmals wieder zu versuchen. Ich meine, meine Mutter ist auch nur ein Mensch, wie ich und jeder andere, also muss es doch auch möglich sein ein ruhiges Gespräch zu führen. Vielleicht folgt sie meiner Bitte ausnahmsweise mal, wenn ich es eisern und inständig genug Vortrage. Mein schlechtes Gewissen, dass trotzdem immerzu auftritt absolut unterdrücken.
Ich weiß, dass ich eigentlich diese Verantwortung nicht tragen muss, kein schlechtes Gewissen haben sollte, trotzdem ist da in mir etwas, dass der festen Überzeugung ist, dass ich helfen muss, verantwortlich bin.
Trotzdem will ich erstmal den Abstand zu meiner Mutter suchen, auch wenn sie mich jetzt so zu brauchen scheint. Doch eigentlich kann es doch nur besser sein mich aus diesem ganzen Trennungs-/Scheidungskram herauszuhalten. - Eigentlich.

Meine Mutter wird jetzt bald aus dem gemeinsamen Haus meiner Eltern ausziehen. Keine Ahnung, wie sie sich das vorstellt. Auf alle Fälle versuche ich bei meinem Vater zu bleiben. Die Entfernung bringt Abstand und hoffentlich auch Erleichterung. Wenn ich sie bis dahin noch an professionelle Hilfe bekomme, kann ich sie beruhigt gehen lassen.
Ich bin zwar ziemlich sicher, dass es meiner Mutter nicht passt und das sie enttäuscht ist, wenn ich bei ihm bleibe. Doch für mich ist es besser und ich glaube, das ist das was zählt.

Das ist das Gute an dem Nicht-Verhältnis zu meinem Vater. Ich kann hier dann in Ruhe mein Leben leben, hab meine gewohnte Umgebung und wie schon richtig festgestellt keine finanziellen Sorgen.
Ich denke ich kann mich wirklich glücklich schätzen jetzt in dem Moment des Scheidungskrieges volljährig zu sein, obwohl ich mich oft genug Frage, wie es gewesen wäre, wenn sie sich schon Jahre früher getrennt hätten.
Aber das ist Was-Wäre-Wenn und damit will ich mich nicht mehr beschäftigen.

Mal sehen, was das Gespräch mit meiner Mutter bringt, auch wenn ich mich etwas davor fürchte - irgendwie.


Liebe Grüße Schwarz
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Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber Schwarz,

super, dass du auch noch Schlagzeug spielst und Bass! Du bist also offenbar musikalisch sehr begabt und sehr motiviert. Das freut mich für dich. Ja, ich kenne das. Für mich ist die Musik auch etwas sehr Wichtiges in meinem ganzen Leben gewesen. Ich spiele Klavier und kann mich damit trösten, kann mich ausdrücken, kann irgendwie Tiefe des Lebens damit berühren, kann Texte vertonen, die ich geschrieben habe und damit im Innern wachsen oder mich beruhigen. Ich hatte auch mal vor, Musik zu studieren, aber vor der Aufnahmeprüfung wollte ich es plötzlich nicht mehr, weil ich liebe "spielen" wollte, als so ernsthaft arbeiten, wie man das für ein Studium muss.

Es wäre tatsächlich gut für dich, wenn du aufhören könntest, dich für deine Mutter verantwortlich zu fühlen, zumindest in dem hohen Maße, wo du für sie alles bist, was sie eigentlich in anderen Beziehungen selbst herstellen sollte. denn es ist eine zu große Belastung für einen Sohn, auch wenn er erwachsen ist. Die Eltern sollten ihre Kinder nicht mit ihren Schwierigkeiten belasten, aber das schaffen sie oftmals gar nicht, weil sie viel zu sehr selbst belastet sind. Deshalb ist es gut, wenn du dir hier und bei FreundInnen Hilfe suchst. Gibt es denn z. B. ein Geschwister deiner Mutter, der oder dem du mal davon erzählen kannst und die du bitten kannst, sich mal mehr um deine Mutter zu kümmern?

Für deine Mutter halte ich es ebenfalls für gut, für das Beste, was du tun kannst, dich abzugrenzen, auch das Beste für sie. Denn sie muss doch lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Sie muss sich doch einen neuen Freundeskreis aufbauen, und die Notwendigkeit ergibt sich vor allem dann, wenn du nicht mehr zur Verfügung stehst. Ein erwachsener Mensch, der so wenig Halt in sich selbst und seinem eigenen Leben hat, wie sie das offenbar hat, braucht Angehörige, die ihr eine klare Orientierung geben, welche Form der Beziehung mit dir möglich ist und welche nicht.

Was ist für dich schwierig an dem Gespräch mit deiner Mutter? Ich könnte mir vorstellen, dass es schwer ist, die alten eingefahrenen Beziehungsbahnen zwischen Euch zu verlassen? Vielleicht hat es auch einen "Gewinn" für dich, so wichtig für deine Mutter zu sein? Vielleicht hast du auch Sorge, die Beziehung zu ihr zu verlieren, wenn du nicht mehr den Psychologen spielst? Könntest du dir irgendetwas schön vorstellen mit ihr? Z. B. dass Ihr zusammen ins Kino geht, zusammen kocht, zusammen spazieren geht und das Ehethema ist ab sofort tabu zwischen Euch?
Vielleicht bestimmst du mal die Themen, worüber ihr zusammen redet? "Hallo Mama, was hast du denn heute schönes erlebt?"

Liebe Grüße
Gerda
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schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Liebe Gerda,

du zeigst mir hier einen andere Blickwinkel auf, danke. Ich habe das noch gar nicht so betrachtet, vielleicht war ich auch einfach nur blind. Ja, irgendwie muss meine Mutter sich einen neuen, eigenen Freundeskreis aufbauen, besonders jetzt. Auch wenn sie wohl noch schwerer Vertrauen fast als ich selbst. Es stimmt schon, sie muss auf eigenen Beinen stehen, schon allein, weil ich eigentlich in einem Jahr weg bin. Und sie wird es wohl wirklich erst dann tun oder zumindest dran arbeiten, wenn ich für solche Gespräch nicht mehr zur Verfügung stehe.
Leider hat sie keine Geschwister mehr. Oder andererseits irgendwelche enge, „eigene“ Freunde, sie glaubt, dass der gesamte Freundeskreis auf der Seite meines Vaters steht und sie verraten würde.

Irgendwo ist da in der Hinsicht auf ein Gespräch, das das Ehethema für tabu erklärt, eine gewisse Angst, dass sie das alles nur noch in sich hineinfrisst, mit niemandem redet und untergeht. Von einem „Gewinn“ durch diese gestörte Beziehung kann ich nicht sprechen, da ich trotzdem auch als Frust-Ventil dienen muss. Noch etwas, dass eigentlich für Abstand spricht.
Klar, will ich irgendwo den letzten Draht zu ihr nicht verlieren, aber mir ist bewusst geworden, dass dieses Stück Familie mir auch so nicht das gibt, was ich mir manchmal wünsche, einfach etwas Rückhalt. Trotzdem ist irgendetwas Kleines, dass ich nicht einordnen kann, dass Angst hat seine Mutter zu verlieren.
Ich habe seit Langem mal wieder mit meinem Bruder über dieses Thema gesprochen. Er meint, ich solle es ihr ganz unverblümt sagen, und dass einige Menschen tief fallen müssen, um zu begreifen.

Trotz all den Bedenken, trotz diesen beschissenen Gefühls habe ich heute den Schritt getan, ganz einfach weil es mir in dem Moment richtig erschien, und ihr ganz deutlich gesagt, dass ich von diesem Ehethema nichts mehr hören will, weil ich damit absolut nicht mehr klar komme. Ihre Reaktion darauf war ziemlich emotional. Ich würde sie im Stich lassen, nicht mehr lieben, wie auch mein Vater. Ich nehme das nicht persönlich, es war eine Kurzschlussreaktion. Sie hat nun mal viel Stress wegen dem ganzen Trennungskram zur Zeit. Ich hoffe nur, dass sie nochmal mit mir spricht, wenn sie mit der Ignoranz fertig ist. Denn ich würde gerne zu ihr eine „normale“ Beziehung aufbauen. Über alles mögliche „belanglose“ reden, vielleicht mal wieder zusammen kochen oder zu einem Konzert gehen, wie früher.

Das Musikstudium wird verdammt viel Arbeit sein, da hast du recht. Aber es ist mein größter Traum von Musik leben zu können, noch mehr Zeit darin zu investieren, und das ist nur durch dieses Studium zu realisieren.
Wenn ich dem Nachbarsjung das Gitarre spielen beibringe und merke wie langsam diese Liebe zur Musik in ihm wächst, kann ich mir nichts besseres vorstellen, als Menschen etwas in der Richtung beizubringen. Das ist genug Motivation.

Liebe Grüße Schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber Schwarz,

ich gratuliere dir zu deinem Mut, mit deiner Mutter zu sprechen. Das hast du gut gemacht. Ich freue mich, dass du dich für dich selbst einsetzt und auch einen Konflikt mit deiner Mutter dafür in Kauf nimmst.

Leider hat sie wenig verständnisvoll reagiert, sondern sogar emotional viel Druck gemacht. Das ist nicht richtig und ist auch unschön von ihr. Aber es zeigt, wieviel Druck und Belastung sie selbst in sich trägt. Das erlaubt ihr nicht, dich als Ventil zu benutzen. Es ist sehr schön, dass du so verständnisvoll das einzuordnen weißt. Aber dennoch, emotionaler Druck ist nicht richtig und ist anstrengend.

Vielleicht magst du noch mal nachsetzen, sagen, dass es nichts mit Liebe oder nicht Liebe zu tun hat, dass du von den Eheproblemen nichts hören möchtest, sondern damit, dass Kinder nicht in Eheprobleme hineingezogen gehören. Eheprobleme bespricht man mit seinem Partner, wenn man nicht damit klar kommt, mit FreundInnen oder mit Fachleuten, aber nicht mit den eigenen Kindern. Das ist belastend und bringt dich in Loyalitätskonflikte. Das dürfte deine Mutter eigentlich auch wissen, oder? Vielleicht magst du ihr auch noch sagen, dass es für dich sehr belastend ist, auch, wenn sie dir so viel Druck macht , anstatt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, und sich auf dich verläßt. Vielelicht auch ein Beziehungsangebot machen, was du gerne mit ihr machen magst, aber eben nicht mehr diese Eheprobleme.

wie dem auch sei, es ist wichtig, dass sie sich um sich selbst kümmert und kümmern lernt und nicht erst damit in einem Jahr anfängt, wenn du weg bist. Weiß sie denn eigentlich, dass du dann weg sein wirst?

So schön, dass du so viel Freude und Leidenschaft für Musik mitbringst. Das kommt mir vor wie ein gutes Fundament zum Erwachsenwerden. Ist deine Mutter auch musikalisch? Spielt sie ein Instrument?

Liebe Grüße und alles Gute
Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey hey,

Ja, nochmal reden, dass hab ich versucht, doch der Erfolg war eher gering, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich es als Erfolg oder Misserfolg einstufen soll. Auch wenn sich das jetzt irgendwie widerspricht. Allgemein herrscht in mir ein riesiger Widerspruch.

Ich hab ihr gesagt, dass es nichts mit meinem Gefühlen gegenüber ihr persönlich zu tun hat, sondern damit, dass ich es, den Frust den sie auf meinen Vater hat, nicht mehr hören will, dass ich einfach nicht mehr damit klar komme. Zwischen den Fronten stehen ist nun einmal sch****.
Sie hat mir zwar geantwortet, dass es okay sei, dass sie es verstehen könnte, dass sie sich auch eine auf andere Dinge beruhende Beziehung wünsche, doch dass es es ihr auch etwas schwer fallen würde.
Mein erster Gedanken war „etwas?“ - wohl eher etwas mehr. Der Haken ist für mich nicht ihre Worte, sondern viel mehr der Ausdruck, Ausstrahlung, Stimmung. Es klang so enttäuscht, unsicher und irgendwie fast ängstlich, schwer einzuordnen. Irgendwie total Gefühlsunterdrückt, die Ausstrahlung wirkte so unbeschreiblich kalt.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Aber ich werde wohl nochmal das Gespräch suchen.

Dennoch hatte ich mich die letzten Tage hauptsächlich zu einem guten Freund verzogen. Hauptsache Abstand von Allem hier. Keine Ahnung warum mich diese Situation so überfordert, dass ich es schon für mich – vor mir zugebe. Seltsame Situation. Besser gleich erstmal schlafen.

Ob dieses Musikalische in der Familie liegt werde ich wirklich oft gefragt, und ich kann immer nur mit „Nein.“ antworten. Keiner weiß wo es herkommt. Doch ich finde es gut, dass man sich als Kind auch anders als seine Eltern entwickeln, anders werden kann, wenn man es nur will. Auch wenn das jetzt etwas kindisch klingt.

Liebe Grüße (vom doch etwas übermüdetem) Schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber Schwarz,

oh, ich verstehe gut, dass diese Reaktion deiner Mutter sich nicht gut anfühlt. Wenigstens ist sie von den Worten her auf dich eingegangen und auf dich zugegangen. Das finde ich eine gute Entwicklung. Dass du unter ihrer Kälte und Enttäuschung sehr leidest, verstehe ich nur zu gut. Das ist auch eine schlimme Resonanz - und dir als Musiker sind Schwingungen und Töne ja besonders eingängig und berühren dich besonders, vermutlich. Was ich mich frage, wenn ich dich lese, ist, ob die Tatsache, dass du ihr gesagt hast, wie schlimm es für dich ist, überhaupt erst den Raum geöffnet hat, dass du mal fühlst, wie schlimme es tatsächlich für dich ist. Verstehst du, was ich meine? Ich glaube, wenn ich Du wäre, mir würde es auch sehr schlecht gehen, wenn meine Mutter nur sehen würde, dass sie jetzt etwas nicht mehr bekommen kann, enttäuscht ist, kalt ist und überhaupt nicht MICH sieht, meine Not, meine Bedrängnis und letztlich auch nicht sieht, dass ich schließlich meine Familie verliere, weil die Eltern sich scheiden lassen. Ich würde es so dringend brauchen, dass das mal von ihr und auch von meinem Vater gesehen würde, WIE ES MIR EIGENTLICH BEI DEM GANZEN SCHLAMMASSEL GEHT!

Gut, dass du dich zu einem Freund zurück gezogen hast und dich etwas geschützt hast vor der fordernden und nicht mitfühlenden Stimmung zu Hause. Wenn du tatsächlich noch mal mit deiner Mutter sprichst, ermutige ich dich, ihr das klar zu machen, wie schwer die Situation für dich ist und dass du sie AUCH BRAUCHST, dass du sie brauchst als Mutter, die auch mitfühlt und sieht, wie es für dich ist und dass es sehr schwer ist für dich, dass du das schon seit Monaten oder Jahren nicht bekommst, nicht nur das, sondern du musst ja auch noch für sie da sein, obwohl es eigentlich umgekehrt sein müßte. Weißt du, wenn die Eltern so sind, dass sie von den Kindern versorgt werden müssen, dann ist das für die Kinder "normal" i S. von, sie kennen es kaum noch anders. Aber die Kinder wissen doch tief in ihrem Innern, dass das nicht richtig ist und dass das etwas ist, was völlig unnatürlich ist. Ich sehe gerade am Nachbarhaus die vier Schwalbennester. Die Eltern tun den ganzen tAg nichts anderes, als aus und wieder einfliegen und die Jungen zu füttern. Niemals käme eine Schwalbe auf die Idee, ihre Jungen nicht mehr zu füttern, sondern zu verlangen, dass die Jungen sie füttern. Das GEHT einfach nicht.

So ähnlich ist es auch für dich. "Der Psychploge" ist zu viel für dich, und es ist gut, dass du es spürst und dich dagegen wehrst. Da du gut in Widerstand bist, kannst du diese Stärke auch deiner Mutter gegenüber anwenden. du hilfst dir selbst und ihr auch. Eigentlich müßte sie selbst das in die Hand nehmen und das Ruder in die Hand nehmen und sagen, wo es lang geht, aber ich weiß aus meiner Eigenen Erfahrung, dass es manchmal einfach zu viel ist an Gefühlen,im Innern, um diese Klarsicht zu haben als Mutter. Das ist schlimm, das ist nicht in Ordnung, aber es kommt sehr häufig vor, und eshalb ist es wichtig, dass du dich wehrst und dich nicht vereinnahmen läßt. Vielleicht kannst du deinen Bruder auch mal um Hilfe bitten? Vielleicht kann er mal zufällig anrufen oder vorbeikommen und das GEspräch "wie geht es dir denn mit Schwarz" bringen. Dann kann er auch noch etwas dazu sagen. Deine Mutter bräuchte Ermutigung, sich woanders, wahrscheinlich bei einem "richtigen" Psychologen oder in einer Frauenberatungsstelle Hilfe zu holen. Das könnte vielleicht dien Bruder machen, sodass du mal nicht derjenige bist, welcher.....


Liebe Grüße
Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey ho,

Ich will nochmal mit meiner Mutter reden, ich muss ihr aufzeigen, dass ich trotzallem diesen Splitter Rest-Familie brauch. Doch ich muss zugeben, dass ich mich nicht traue. Noch nicht. Irgendwie muss ich mit dieser neuen Situation erstmal klar kommen. Und meinem Gewissen beibringen, dass es keinen Grund hat mich zu beißen. Ich hab doch nichts falsches getan. Eigentlich zumindest. So gehe ich meinen Eltern jetzt erstmal aus dem Weg.

Jetzt muss ich mich, um mich kümmern. Verstehen, was da in mir passiert. Du siehst das schon ganz richtig und es wird mir gerade umso bewusster, diese Gesprächsversuche mit meiner Mutter haben irgendetwas in mir aufgebrochen. Das ist mir nicht geheuer. Ich meine, ich bin mit dieser seltsamen Belastung immer irgendwie klar gekommen, zumindest hat es nicht so weh getan, doch jetzt wo ich etwas ändern will, mich selbst schützen will, fühlt es sich schwerer an. Damit hätte ich wohl rechnen müssen. Und das ganze in Verbindung mit der Scheidung. Wie ich dieses Wort mittlerweile hasse, aber damit bin ich hier wohl nicht allein.
Außerdem wer hat gesagt, dass kämpfen einfach ist? Niemand. Man muss für seine Ziele kämpfen, dass habe ich über die Jahre verstanden.

Mein Bruder wird sich jetzt wo ich anfange zu agieren von sich aus einschalten, denke ich. Er will mein großer Bruder, der Starke sein, obwohl er selbst, auch wenn er es nicht ausspricht, unter letztendlichen Trennung unserer Eltern leidet. Es nimmt ihn mit. Auch wenn wir im Gespräch eher davon sprechen, dass es ja mal Zeit wurde, wir diesen Entschluss schon seit Jahren erwartet haben, die Scheidung als eine eigentlich positive Entwicklung sehen. Doch ich kann ihm die wahren Emotionen dem gegenüber ansehen, kein Wunder als Bruder, er ist sowieso ziemlich labil, aber er hat immerhin auch im Allgemeinen professionelle Hilfe, sonst würde ich mir schon wieder Gedanken machen müssen, dass ihn die ganze Sache wieder umhaut. Ich hoffe, dass er unsere Mutter bestärken kann sich auch jemanden vom Fach zu suchen, der garantiert auch mehr Ahnung von dem ganzen Kram hat als ich. (Irgendwie habe ich das dumme Gefühl, dass diese kaputte Psyche in der Familie liegt. - Shit happens.)

Ich erkenne die Sorgen, Ängste, Probleme, den Stress, die Überforderung die auf meiner Mutter lasten. Ich will ihr keinen Vorwurf machen, auch für sie sind die Geschehnisse zu viel und ich will ihr helfen, nur jetzt auf einem anderen Weg der richtig wirkt. Ich hoffe, mein Bruder und ich können unsere Mutter auf diesen Weg lenken. Es muss irgendwie möglich sein, auch wenn das Zurückfallen ins alte Muster gerade so viel leichter erscheint. Aber ich will das nicht, sonst wäre das hier z.Z. alles umsonst. Irgendwie geht es im Leben doch immer weiter, es kann keinen absoluten Stillstand geben – oder?!

Wenn ich gerade so darüber nachdenke, bin ich mir immer noch nicht sicher, was ich von der Trennung, der letztendlichen Scheidung meiner Eltern halten soll. Das Gute ist, dass ich endlich weiß woran ich bin, nicht mehr diese jahrelange Unsicherheit zwischen Trennen und Zusammenbleiben, aber auf der anderen Seite ist dieses Kaputt jetzt absolut. Da verstehe ich mich irgendwie selbst nicht mehr.

Verdammt bin ich heute ausschweifend, doch es tut gut, es ordnet, das Alles niederzuschreiben. Ich glaube es ist ewig her, dass ich so viel über meine „Familie“ und auch über mein Inneres nachgedacht habe und dass es mir so sch**** nahe gegangen ist.

Liebe Grüße Schwarz, der trotzdem diese Achterbahn des Lebens liebt.
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Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Lieber Schwarz,

mir gefällt das, wie du dich in dein Leben und vor allem deine Gefühle zu der Scheidung und zu deiner Mutter hineinkniest. Mir kommt das sehr gesund und richtig vor. Wenn du meinst, eine kaputte Psyche liegt in der FAmilie - in dir liegt offenbar nicht nur die Musik sondern auch etwas sehr Gesundes, ein Gefühl dafür, was "richtig" und gut und heilsam ist und was nicht.

Ich verstehe gut, dass es nun mit deiner Mutter schwieriger ist für dich. Du hast immer so "funktioniert", der Psychologe, hast nichts von deinen Bedürfnissen gezeigt, sondern dein Bedürfnis nach Kontakt und Gesehenwerden und Unterstützung in der "umgekehrten Richtung" gelebt - der Mutter geholfen, sie unterstützt, nicht umgekehrt. Tatsächlich können ja Jugendliche ihren Eltern helfen, aber eher mit Dingen, die ihrer Entwicklung und Reife entsprechen und die auch angemessen sind. Für angemessen halte ich Hilfe im Haushalt, Garten, Einkaufen usw. Nicht für angemessen halte ich diese psychische Hilfe. Diese schadet Kindern und Jugendlichen. Sie entspricht ihnen nicht und es bringt alle, Kinder, Jugendlich und Erwachsene Scheidungskinder in unerträgliche schädigende Loyalitätskonflikte.

Von daher ist dein großer Bruder ganz richtig damit, dass ihm die Scheidung auch etwas ausmacht. Denn da sind deine Eltern oder deine Mutter nicht "sauber" im Umgang mit den Generationengrenzen.

Ich verstehe auch gut, dass du noch ein Stück "Restfamilie " brauchst und dass du Angst hast, deiner Mutter davon zu erzählen. Denn du hast ja offenbar keine guten ERfahrungen in den letzten Jahren (oder vielleicht in deinem ganzen Leben als ihr "Kind"?) damit, dass von Mutterseite deine Bedürfnisse nach Rückhalt gesehen, geachtet und so gut es geht erfüllt werden.

In einer ausreichend gesunden FAmilie geht es so, dass Jugendliche eigentlich ihr eigenes Leben führen, zu Hause vor allem Essen und schlafen und etwas im Haus mithelfen, damit das Familienleben funktioniert und sie auch ihren Beitrag leisten, aber ansonsten liegen die Interessen bei den gleichaltrigen freundInnen, der Schule, den Hobbys. Sie brauchen ihre Eltern zwar dringend sozusagen "Backstage", also als anwesende Sicherheitsleine, das Gefühl, ich mache zwar alles alleine, aber ich habe da noch jemandem im Rücken, meine Eltern. Sie leben ihr Leben, ihnen geht es weitgehend gut, ich brauche mich nicht um sie zu kümmern, sie sich auch nicht um mich, aber sie sind da, verässlich und geben mir Sicherheit, dass alles, was ich tue, schon in Ordnung ist.

Mit diesem "Netz der Liebe " der Eltern geht es leichter, erfolgreich erwachsen zu werden und die Entwicklungsschritte zu tun, die gerade dran sind, also Berufswahl, Schulabschluß & Co. Vielleicht können die Eltern schon mal Ansprechpartner sein für Fragen zur Berufswahl, aber mehr ist nicht notwendig. Nur eben dieses Netzt im rücken. Das brauchen wir Menschen eigentlich lebenslang, aber in deinem Alter bis etwa Mitte 30 ist es besonders wichtig. Wenn es dann nicht da ist, das ist sehr schwer. Das ist ein großer Verlust, der aber sehr schwer auszudrücken ist, vor allem als Jugendlicher, da man ja eher sich unabhängig fühlen möchte . Es fällt schwer, sich selbst einzugestehen, da fehlt mir sehr etwas, wenn die Alten sich trennen.

In jedem Fall kommt es mir gut vor, dass du dir Zeit läßt mit einem Gespräch mit deiner Mutter und dir auch erst mal im Innern Klarheit verschaffst, was da eigentlich ausgelöst ist alles. Vielleicht kann deien Mutter sogar hilfreich sein damit, dazu kenne ich sie und ihre Fähigkeiten zu wenig.

Was auch eine Möglichkeit wäre, das ist, in eine Beratunsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche zu gehen, alleine, oder mit deiner Mutter zusammen oder erst mal alleine und dann mit ihr. Dort könntest du sagen, wie es dir geht und die FAchleute dort "übersetzen" es für deine Mutter, so, dass sie es annehmbarer findet. Und wenn ein "richtiger" Psychologe sagt, das ist nicht Aufgabe Ihres Sohnes, dann könnte das auch entlastend sein.

Thema für solche Gespräche könnte z. B. sein "wie kann ich die Beziehung mit meiner Mutter so gestalten, dass es uns beiden damit gut geht" und auch "ich brauche noch etwas Familie, aber ich komme nicht mehr an meine Mutter ran" oder so ähnlich. Oder halt das, was du spürst, was gut wäre mal zu besprechen.

In jedem Fall stelle ich es mir verunsichernd vor, wenn du deine "alte" Psychologenrolle über Bord schmeißt, denn die war zumindest irgendwie "sicher". Da war deine Rolle zwar unangenehm, aber wenigstens klar. Jetzt, wo du dich abgegrenzt hast, ist ja auch die Frage, wie fülle ich, füllen wir diese "Lücke" in der Rolle? Wie ist es, einfach nur "Sohn" zu sein?

So etwas geht mir durch den Kopf, wenn ich lese, was du schreibst. Vielleicht ist es auch an dir vorbei, dann enttschuldige, tu es einfach ab in die Tonne!

Liebe Grüße
Gera
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

Sei selbst die Veränderung, die du dir wünschst.
schwarz
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey hey,

wie immer einen ehrlichen, herzlichen Dank an dich Gerda.

Vielleicht hat man sich hier gefragt warum ich solange nichts geschrieben habe, vielleicht aber auch nicht. Trotzdem werde ich Euch mal kurz aufklären:
Ich hatte das Unglück in einen Unfall verwickelt worden zu sein und demnach durfte ich gezwungenermaßen ein paar Tage im Krankenhaus verbringen. Wie ich dieses Gebäude hasse! Jetzt bin ich immerhin wieder zusammengeflickt und annähernd wie neu.

Es war schon seltsam dort immer nur von einem Elternteil und nie von Beiden gemeinsam besucht zu werden. Manchmal hätte ich auch gut ganz drauf verzichten können.
Immerhin hat meine Mutter wieder das Gespräch zu mir gesucht. Auch wenn diese Unterhaltungen belanglos waren, fühlten sie sich dennoch ehrlich an. Trotzdem kamen wieder diese „Dein verdammter Vater“-Reden auf, die ich immer wieder klar abgewiesen habe. Sie versucht es zumindest mich aus ihren Konflikten mit meinem Vater herauzuhalten. Da bin ich echt glücklicher mit, dankbar, und stolz auf meine Mutter. Ich hoffe, dass dieses alte Muster irgendwann ganz verschwindet.

Das ich mir trotzallem ein bisschen funktionierende Rest-Familie wünsche und insbesondere eine neue echte Beziehung zu meiner Mutter aufbauen möchte, habe ich noch nicht geredet. Ich kann und will das einfach noch nicht. Es fühlt sich besser an die ganze Sacher erstmal so laufen zu lassen. Ich habe zwar nicht mehr meine sichere, feste „Psychologen“- Rolle, dennoch bin ich zur Zeit soweit, das ich zunächst keine neue Rolle will, auch wenn ich so ein wenig in der Luft schwebe, aber dieses Gefühl ist okay, zumindest kam es mir in meinen Klinik-Tagen so vor.

Meine Mutter wird jetzt erstmal letztendlich ausziehen und ich werde bei meinem Vater bleiben. Sie hat darauf sogar ziemlich gefasst reagiert, was mich zunächst etwas irritiert hat. Ich halte mich einfach mal an der Hoffnung fest, dass das alles so gut geht und meine Mutter jetzt notgedrungen jemand anderen zum Reden findet. Wenn sie abstürzt würde ich mich zu schuldig fühlen.

Ich hatte dank diesem ätzenden Unfall unfreiwillig mehr als genug Zeit über mich und das was so alles passiert ist und passieren wird nachzudenken. Und ich musste mir wahrhaftig einiges eingestehen. Mir ist bewusst geworden, wie nahe mir diese Scheidung eigentlich geht. Ich hab immer Gedacht, wenn es soweit ist nimmst du das mit einem Schulterzucken und es war im ersten Moment auch so. Ich meine, ich hab diesen Schritt seit Jahren erwartet, manchmal regelrecht herbei gewünscht. Unter dem Motto: Endlich verändert sich etwas an dieser verkorksten Situation, endlich quälen sich meine Eltern nicht mehr miteinander weiter. Ich wollte doch nur ihr Bestes. Und das ist auch jetzt noch so. Doch etwas hat sich in mir verändert. Wahrscheinlich nehme ich diesen Teil auch jetzt erst wieder wirklich wahr, weil ich ihm mal Beachtung schenke. Nun wirkt diese Veränderung, dieser Bruch fast unwirklich. Da geht etwas zu Ende und irgendwie auch kaputt. Nur wie kann etwas kaputt gehen, was schon längst kaputt ist? Das verstehe ich noch nicht ganz. Ich habe erwartet, dass sich diese Trennung leicht anfühlt, als würde man eine Last von den Schultern genommen werden, doch jetzt fühlt es sich so an als hätte ich irgendetwas oder irgendjemanden verloren.

Das ist alles ein wenig merkwürdig, doch ich glaube zumindest, dass diese Chaos normal ist. Meinem Bruder geht es ähnlich. Wir hatten viel Zeit zu reden, und irgendwie kam es dazu das unsere Gespräche unbeschreiblich offen wurden. Ich habe das Gefühl meinem Bruder bisher nie so nahe gestanden zu haben. (Fast) alles scheint irgendwo doch seine guten Seiten zu haben.

Gerda dein Bild für eine funktionale Familie, für wahre Eltern dieses „Netz der Liebe“ ist echt schön, und so treffend. Ich denken dieses Netz, wenn es heil wäre, würde einiges einfacher machen, doch ich versuche mich immer wieder nur auf die Vorteile meiner Situation zu sehen. Es fehlt zwar diese bestimmte Sicherheit, aber das gibt mir mehr Unabhängigkeit, es fällt leichter wegzugehen, auch wenn der Ort zum zurückkommen fehlt. Außerdem gibt es da diesen Satz: Echte Freunde sind die Familie, die man sich selbst aussuchen kann. Auch wenn diese Familie die andere nicht hundertprozentig ersetzen kann.

Der Weg zur Beratungsstellen, mit dem Ziel über/mit meiner Mutter zu reden, steht für mich auf alle Fälle außer Frage.Sie würde es mir als Verrat auslegen, - zumindest befürchte ich das. Außerdem hält sie von diesen Institutionen - warum auch immer - rein gar nichts.
Trotzallem werde ich bald, auch wenn sich das jetzt etwas zu widersprechen scheint, den Weg zum Psychologen antreten, eigentlich da man es mir schon aus anderem gegebenem Grund ans Herz gelegt hat und mir mein Bruder sogar angeboten hat mich seinem Seelenklempner vorzustellen. Ich denke, das bringt mich letztendlich auch in der Beziehung oder nicht Beziehung zu meinen Eltern weiter, und meiner wirren Sicht gegenüber deren Scheidung.

Mal sehen was die Zukunft bringt.

Liebe Grüße Schwarz
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Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von Gerda »

Hallo lieber Schwarz,

ich bin erschrocken, zu lesen, dass du einen Unfall hattest und im KKH warst! Was machst du für Sachen! Danke, dass du davon geschrieben hast, denn nun weiß ich, warum ich nichts mehr gehört bzw. gelesen habe von dir und dass es nicht daran liegt, dass ich dir irgendwie zu nahe getreten bin. Das hätte ja auch sein können.....Ich wünsche dir von Herzen gute Besserung und Erholung von dem Schock! Ich hoffe, du hast nicht mehr viele Beeinträchtigungen?

Über das, was du über die familiären Beziehungen schreibst und wie es sich entwickelt und wie du es entwickelst freue ich mich. Ich gratuliere zu deinen mutigen Erkenntnissen. Ich kann gut verstehen, dass es etwas in dir gibt, was mit einem Schulterzucken zur Tagesordnung übergehen will. Umso mutiger ist deine Erkenntnis, dass es da auch eine sehr verletzte Seite gibt und ein Bedürfnis nach Familie. Das anzuschauen erfordert Mut, denn es ist nicht "cool", so zu fühlen. Ich persönlich finde es sehr wertvoll, dass du als so junger Mensch dich den eigenen Tiefen und Untiefen stellst und damit nicht wartest bis zur Midlifekrise. Ein Mensch, der klar ist in seinen Gefühlen und der sich um seine Gefühle kümmert, ist sehr selten und sehr wertvoll.

Ich gratuliere auch zu dem Mut zu der Idee, selbst zum Psychologen zu gehen und dir für dich ganz alleine Unterstützung zu holen. Das ist ein sehr sinnvoller und erwachsener Schritt.

Leider erfahren wir hier immer wieder, dass es auch Erwachsenen sehr schwer fällt, wenn die Eltern sich trennen. So ziemlich alle, die hier schreiben, verstehen sich selbst nicht und kommen nur schwer damit zurecht, es nicht zu verleugnen, dass da etwas für sie Schlimmes dran ist. Wenn eine Familie zerbricht, das ist aber immer etwas Schlimmes. Manche Eltern können das besser aufffangen, da sie sich "erwachsen"! ihren Kindern gegenüber verhalten und die Kinder nicht belasten mit ihren Schwierigkeiten. Aber selbst für diese Kinder und erwachsenen Kinder ist es ei großer Verlust. Oftmals schreiben auch erwachsene Scheidungskinder hier, dass sie es verletzend finden, wenn nicht gesehen wird, dass es schwer ist für sie und wenn alle so tun, "du bist doch schon erwachsen, du brauchst deine Eltern doch nicht mehr". Das stimmt aber nicht. Wir alle, unsere ganze Kultur, basiert darauf, dass wir Familien bilden und die Familie diejenigen Menschen sind, die sich um einen kümmern, die "immer für dich da sind". Nach einer Scheidung kommt diese Zugehörigkit und Verbundenheit oftmals ins Wanken.

Ich wünsche dir weiter so einen guten inneren Prozess des Erwachsenwerdens und Herausfindens, was du von deinen Eltern noch möchtest und brauchst. Acu freue ich mich für dich, dass es dir gelungen ist, mit deiner Mutter mehr Klarheiten herzustellen und dich wirksam abzugrenzen gegen über ihren Andockversuchen. Sie meint das nicht böse, aber sie weiß nicht, was sie tut, und damit, dass du dich abgrenzt, hilfst du ihr, das zu sehen. Mach weiter so. Das tut dir gut und ihr letztlich auch. Das Leben ist nicht so endlos lange und wenn Ihr bald dahin kommt, eine Beziehung zu gestalten, die Euch beiden besser tut, dann wäre das prima.

Liebe Grüße und pass gut auf dich auf!
Gerda
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Re: Neu im "Club" - und suche Rat

Beitrag von schwarz »

Hey!

„Was machst du für Sachen!“, du kannst dir nicht vorstellen wie oft ich diesen Satz in den letzten Tagen gehört habe, aber es ist eine berechtigte Aussage. Die Ironie des Schicksals wollte es so, dass ich und mein Fahrrad Bekanntschaft mit einer Motorhaube machen durften. Immerhin habe ich verdammt viel Glück gehabt.
Ich habe dummerweise viel Zeit mit Schlafen und Nachdenken verbracht, das hat man wohl davon wenn man sich „auf eigenen Wunsch“ entlassen lässt. Der Körper fordert trotzdem seine Erholungszeit. Mittlerweile sind die Beeinträchtigung wieder ziemlich im grünen Bereich.

„(...)Mut zu der Idee, selbst zum Psychologen zu gehen (...)“ - Davon kann ich wohl nicht wirklich sprechen. Schon seit ungefähr zwei Jahre wird mir das angeraten. Nun bin ich an dem Punkt an dem auch ich das will und diese Hilfe auch zulassen und annehmen kann.

Heute fühle ich mich absolut von mir selbst verarscht. Warum hab ich mich bloß so intensiv mit der aktuellen Situation beschäftigt? Warum hab ich das Alles, diese familiäre Situation an mich herangelassen, mich geöffnet, mich in meine Tiefen begeben, versucht meinen inneren Keller aufzuräumen? Das sind die Fragen die mir gerade durch den Kopf gehen. Jetzt habe ich das Gefühl zu ertrinken in mir selbst, in dem ganzen *** hier zu Hause. Es war doch irgendwie ganz schön einfach „cool“ zu sein.

Aus irgendeinem Impuls und viel Zeit, Stille und Ruhe hab ich mich mit mir beschäftigt und jetzt war es wohl zu viel. Zu viel Stille, zu viel Ruhe, zu viel Selbstreflexion.
Die lautstarken Auseinandersetzungen meiner Eltern waren mir über Jahre scheinbar „egal“. Ich hab einfach innerlich abgeschaltet und gut war. Jetzt wo eigentlich endlich alles vorbei sein müsste, und meine Eltern sich trotzdem anscheinend bei jeder Gelegenheit ihre Abneigung gegenüber einander zeigen müssen, tut es irgendwie wieder weh. Immerhin lassen sie mich beide in Ruhe, auch wenn das nicht gerade für eine „neue“ Beziehung zu meiner Mutter spricht.
Ich komme mir ein bisschen vor, wie in einer Achterbahn. Auf und ab und wieder auf und wieder steil nach Unten. Aber das ist wohl das Risiko, wenn man erlebt und lebt. Ich bereue nichts, obwohl meine Gedanken augenblicklich Amoklaufen.

Wahrscheinlich legt sich das Chaos in meinem Kopf bald wieder und ich sehe wieder so klar, wie vor wenigen Tagen. Irgendwie erschien da alles so einfach. Vielleicht sind es die Zweifel, die große Frage nach dem Warum. Warum haben meine Eltern sich nicht schon Früher getrennt und noch viel mehr: Warum habe ich mich nicht schon viel viel Früher von meiner Mutter abgegrenzt. Ich hätte mir einiges ersparen können; ich meine, diese klaren Grenzen funktionieren zur Zeit ziemlich gut.

>"Du bist doch schon erwachsen, du brauchst deine Eltern doch nicht mehr."< Dieser Satz stimmt ganz und gar nicht, da muss ich dir absolut recht geben. Doch gerade wünsche ich mir, dass diese Aussage doch stimmen würde. Ich weiß das ist naiv, aber jetzt gerade, wo ich so *** emotional bin und mir so unglaublich sensibel vorkomme, erscheint es so viel praktischer.

Trotzallem ist mir irgendwie bewusst, dass meine Eltern es nicht böse meinen. Weder meine Mutter, die mittlerweile wohl nach meiner Veränderung unserer Beziehung reichlich Abstand braucht, noch mein Vater, der unsere Nicht-Beziehung, jetzt wo es an die Scheidung geht, versucht zu verändern – krampfhaft.

Liebe Gerda, dein vorhergehender Rat gibt mir gerade ziemlich viel Kraft und Mut auf meinem angefangenem Weg weiterzugehen, nicht wieder ins alte Muster zu flüchten, dass mir eigentlich nicht gut tut und dieses etwas an abgebauter Mauer – abgebaut zu lassen. Ich danke dir.

Veränderung sind nicht immer gut, aber ohne Veränderung wird es niemals besser. Das schießt mir gerade immerzu durch den Kopf.

Liebe Grüße
Chris
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