Verganenheit und Gegenwart

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
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sonnenschein2
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Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von sonnenschein2 »

Ihr Lieben,

ich bin schon seit einiger Zeit hier nicht so präsent..Ich möchte euch gerne erzählen warum.

Eine gute Bekannte von mir, mittlerweile ist es fast eine Freundin, ist im Frühjahr von ihrem Mann verlassen worden. Ich hatte, bedingt durch Freizeitaktivitäten unsere Kinder guten Kontakt zu dem Paar und es entwickelte sich soetwas wie Bekanntsein oder zarte Freundschaft. Ich war darüber sehr froh, weil ich durch Scheidung alle Kontakte verloren hatte.
Tja und jetzt holt mich meine eigene Geschichte wieder ein, denn ich sehe so viele Paralellen. Die gleichen Streitereien, Böswilligkeiten...Die Kinder, besonders das Mädchen sind psychisch sehr auffällig. Ich versuche zu helfen, kann aber eigentlich nur mein Zuhören anbieten.

ich sehe die Katastropfe kommen und fühle mich so hilflos...Was kann ich nur tun? Ich merke, dass ich an manchen Tagen ganz einfach nicht mehr kann. Ich fühle mich um Jahre zurückversetzt und fühle den Schmerz in mir. Wie finde ich die unbedingt nötige Distanz? und wie kann ich trotzdem da sein und helfen?

Ich hoffe, ich kann mit euch darüber sprechen, denn ich weiß im Augenblick nicht was los ist mit mir...ich flücht vor mir selbst, so fühle ich...

Sonnenschein2
Bolz
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von Bolz »

Guten morgen Sonnenschein,

ich kann Dich gut verstehen. Ich bin eine "Zweitfrau" und habe einen Mann mit Exfrau, die mit allen Wassern gewaschen ist. In meinem Bekanntenkreis war ich die einzige, die eine solche Ex am Hals hatte und in den ersten Jahren haben wir wirklich sehr viel Kummer gehabt und ich glaube die meisten haben mir die Vorfälle gar nicht geglaubt. Inzwischen kenne ich im privaten Umfeld einige Männer, die ähnliches erleben und wenn die erzählen weiß ich auch immer schon, welche Probleme die in einem halben Jahr haben. Der Gag ist nur, die wollen davon selten etwas hören, bis die Kinder nicht mehr zu Besuch kommen "wollen", das Konto leergeräumt ist, oder irgendwelche schlimmen Verleumdungen im Raum stehen. Ich könnte dann jedesmal sagen "siehst Du, hab ich Dir schon vor einem halben Jahr gesagt", aber was nützt mir das ?

Ich denke, die meisten Leute müssen Fehler selbst machen, man kann nur wie Du sagst das Zuhören anbieten. Das ist ja auch schon viel und kann auch helfen. Wenn jemand Deine Ratschläge nicht annehmen kann oder mag, dann setz Dich nicht in die Nesseln. Jeder nimmt nur die Hilfe an die er auch will.

Liebe Grüße
Bolz
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Gerda
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von Gerda »

Liebe Sonnenschein,

die nötige Distanz findest du, indem du deine eigene Geschichte aufarbeitest. Da so viel Schmerzliches deiner eigenen Geschichte angestoßen ist, kommt mir eine neuerliche Aufarbeitung angebracht vor. Sorg gut für dich! Vielleicht ist es gut, noch mal einige Sitzungen Therapie zu machen?

liebe Grüße
Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

Sei selbst die Veränderung, die du dir wünschst.
sonnenschein2
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von sonnenschein2 »

Liebe Gerda,

ja ich glaube ich habe mich zu wenig um mich gekümmert. Das hat mir mein Körper nun auch gemeldet und ich bin nun für eine Woche krank geschrieben. Ich brauche Zeit und Raum um mich zu sortieren und im Job wieder klar zu kommen. Ich möchte gerne die nötige Distanz wiedergewinnen und mich nicht mehr nur über den Job definieren.

Im Moment weiß ich nicht inwieweit mir die Therapie helfen kann. Ich muß für mich erstmal sortieren was es genau ist.
Irgendwie ist es immer wieder die Erkenntnis, dass mein Leben so anders verläuft als ich es mir gewünscht und auch geplant habe. Meine Ehe, die ich sehr ernst genommen habe, die gescheitert ist und damit eine ganze Familie auseinandergebrochen ist. Das ist schon heftig.

Und dann meine neue Beziehung, die sich mehr und mehr festigt. Dieser liebevolle Umgang miteinander, achtsam und fürsorglich. Eine so neue Erfahrung für mich. Es ist so sehr kostbar für mich, dass ich es nur ganz vorsichtig genießen mag..
Verstehst du was ich meine?

viele liebe Grüße
Sonnenschein2
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Gerda
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von Gerda »

Liebe Sonnenschein,

ich könnte mir vorstellen, dass das bedeutet, dass es sehr schmerzhaft war, dass die ganze Familie auseinander gebrochen ist und dass du nun mit der neuen familiären Situation noch nicht das Vertrauen hast, dass es wirklich halten wird und dass du Angst hast, noch mal so einen Schmerz zu erleben?

Was eine Therapie helfen kann, ist, wenn schmerzvolle Dinge, die man erlebt hat, immer wieder angestoßen werden, wie z.B. durch den Kontakt mit dem befreundeten Paar, diese schmerzvollen Dinge noch mehr zu verarbeiten und zu integrieren, sodass sie mehr eine "neutrale" Erinnerung werden und nicht mehr oder erheblich weniger belasten.

Ja, ich verstehe gut, dass das Leben so anders verläuft, als du es dir gewünscht hast. Das ist eine schlimme Wunde, so eine Scheidung, und die ist auch nicht mehr wieder rückgängig zu machen. Sie bleibt und braucht Aufmerksamkeit. Auch ich kenne diesen Schmerz, immer wieder zu spüren, so wollte ich es doch gar nicht, weder für mich, noch für meine Kinder. Ich bin nun schon 20 Jahre getrennt von meinem Exmann (mal abgesehen davon, dass er mich immer weiter in Beziehung gezwungen hat durch seine ewigen Gerichtsstreite) und immer noch spielen diese Scheidungsfolgen in mein Leben - mein 35 -jähriger Sohn ist durch seinen Vater massiv entfremdet von mir und der hat wiederum meine Enkel von mir entfremdet.

Mir jedenfalls hat es sehr geholfen, damit noch mal in Therapie zu gehen und diesen Abschnitt meiner Lebensgeschichte noch mal therapeutisch anzugucken und all die chmerzenden Gefühle noch mal durchzuarbeiten und zu verwandeln.

Ich wünsche dir gute Besserung und dass du dich erholen kannst in der Zeit der Krankschreibung.

Alles Liebe
Gerda
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KittyCat
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von KittyCat »

Liebe Sonnenschein2,
wenn ich eines gelernt habe, dann das man alles nur iwie durchsteht, wenn man auch mal an sich denkt.

Gönn dir was gutes, was du magst. Sei es ein Bummel durch die Stadt, ein Wellnesstag, ein Zoospaziergang mit deinem neuen Freund oder einfach einen sehr romantischen Abend ( es kann sovieles Gut tun^^ ).

Mein Freund ist immer, wenn er merkt, meine Geschichte holt mich ein, sehr gefühlvoll. Kuschelt noch mehr als sonst und meisst gibts dann eine tolle Massage, die mich sehr entspannt.

Was auch immer du machst, ich wünsche dir alles Gute und fühl auch du dich lieb bedacht :)

LG Kittycat
Es ist nicht wichtig, wohin du im Leben gehst...was du machst...oder was du hast...,
es kommt darauf an, wen du an deiner Seite hast <3
sonnenschein2
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Re: Verganenheit und Gegenwart

Beitrag von sonnenschein2 »

Liebe KittyCat,

ja das ansich denken habe ich auch im Laufe der Jahre erst lernen müssen.

Durch meine Vergangenheit mußte ich es aber wirklich von Grund auf lernen und erstmal herausfinden was mir gut tut. Heute kann ich das Bedürfniss schon viel besser erkennen und auch einfordern.. :D Weil ich erkannt habe, wenn es mir gut geht geht es auch meinen Kindern gut.

Die Verabeitung der Vergangenheit hat auch viel mit Loslassen und auch mit Vergebung zu tun. Auch das sind so Erkenntnisse, die ich jetzt mache. Ich sehe die Trennung bei meiner Bekannten und erkenn als Außenstehende viele Fehler,die auch ich gemacht habe.

Weißt du, ich muß erstmal lernen auf mich zu hören und auf mein Bauchgefühl zu vertrauen, dann kann ich mich vielleicht auch wieder in einer Beziehung als Paar fallen lassen. Es gelingt mir immer besser und das macht das Leben so schön...

Dir einen schönen Abend
Sonnenschein2
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