Vergiss, dass es Dein Vater ist...

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Traum-Tänzerin
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Vergiss, dass es Dein Vater ist...

Beitrag von Traum-Tänzerin »

So ist es gewesen.
-Man frage bitte nicht, was.
Ich habe die Scherben wieder aufgelesen.
Aber alle Scherben zusammen
Machen noch immer kein Glas.
(Mascha Kaleko, >>DAS<<)

Lieber Vater,

das bin nicht ich, wie du mich siehst. So jedenfalls ist mein Gefühl, meine Empfindung wenn wir miteinander sprechen.

Warum ich schreibe „lieber Vater“ weil ich das Wort „Papa“ nicht passend finde, nicht ernsthaft genug. Ich denke, dass Wort Vater unterstreicht unsere Beziehung besser- ich bin erwachsen, genauso wie du es bist. Erwachsen bin ich ohne dich geworden, zwischendrin Streiflichtern gleich hast du Episoden aus meiner Lebenswelt aufgeschnappt. In Begegnungen die im Maximum einen Tag umfassten und im kürzesten ein Telefonat.
Ich denke dass du mich als deine Tochter liebst und mich im selben Atemzug verleugnen möchtest. Natürlich sind das was ich hier aufschreibe alles subjektive Eindrücke/Empfindungen/ Gedanken und sie werden sicherlich bisweilen sehr von deinen abweichen. Dies empfinde ich nicht als schlimm, wir sind zwei unterschiedliche Menschen und Persönlichkeiten. Es geht mir auch nicht um die „Schuldfrage“ oder darum dir Vorwürfe zu machen. Das was in der Vergangenheit war können wir nicht ändern, wir können nur versuchen es in der Zukunft gemeinsam besser zu machen.
Ich habe meine Lebensgeschichte und du deine, wir müssen nicht immer einer Meinung sein und ich würde gerne häufiger mit dir sprechen. Meine Gedanken mit dir teilen, ich habe einen großen Wunsch und das ist der Wunsch nach einem Vater in meinem Leben. Wir müssten uns nicht bei dir zu Hause treffen, auch nicht bei mir zu Hause. Wenn dich das Haus in dem ich leben zu sehr an das erinnert was war, an das was ein Teil deiner und meiner Lebensgeschichte ist. Ein Cafe ginge doch auch als Treffpunkt...
Oft bin ich unsicher, trage den Gedanken in mir dich nie mehr sehen oder hören zu wollen- in der Hoffnung es möge mich weniger schmerzen, ich würde nicht immer und immer wieder über unsere Vater-Tochter-Beziehung nachdenken.

Dann gibt es Gesprächsfetzen, zwischen Tür und Angel die mich aufschrecken lassen. In denen du mich fragst „Ist dir dein akademischer Titel so wichtig?“ Das sind die Momenten in denen ich merke, dass bin nicht ich die du da siehst. Da wird deutlich wie wenig wir miteinander verbunden sind. Es geht nicht um den akademischen Titel oder Grad, es geht darum das ich das tun möchte was mich begeistert.
Das ich forschen möchte, begreifen was/ warum und wieso so ist wie es ist oder nicht ist.
Was ich von dir erwarte fragst du?
Ich erwarte schon sehr lange nichts mehr, ich warte auf dich in der Tiefe meines Herzens. Ich warte dass du mein Vater wirst, wir Vater und Tochter sind. Das wir durch die Fußgängerzone schlendern, miteinander scherzen und lachen. Nur du und ich. Unabhängig von dem was war und von dem was noch kommen mag.
........
An dem Tag, an dem
die Last auf deinen Schultern
unerträglich wird
und du strauchelst,
möge die Erde tanzen,
dir das Gleichgewicht wiederzugeben.
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Gerda
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Re: Vergiss, dass es Dein Vater ist...

Beitrag von Gerda »

Liebe TT,

danke dir, dass du diesen schönen beziehungsvollen Brief an deinen Vater hier hereingeschrieben hast. Ich bin sehr berührt davon. Du bist eine so kostbare Tochter.

Alles Liebe
Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

Sei selbst die Veränderung, die du dir wünschst.
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Traum-Tänzerin
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Re: Vergiss, dass es Dein Vater ist...

Beitrag von Traum-Tänzerin »

Liebe Gerda,

vielen Dank für deine Worte,sie machen mir Mut das es ja nicht so ganz falsch sein kann was ich denke/fühle...

LG TT
An dem Tag, an dem
die Last auf deinen Schultern
unerträglich wird
und du strauchelst,
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Gerda
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Re: Vergiss, dass es Dein Vater ist...

Beitrag von Gerda »

Oh, liebe TT,

das darfst du niemals denken, dass irgendetwas, was du fühlst und denkst, falsch sein könnte. Es ist immer genau das, wie du es fühlst und siehst und erlebst, und da gibt es kein "richtig" und "falsch". Dein Vater mag es ganz anders fühlen und erleben und für ihn stimmt das dann auch. Wenn man sich das dann gegenseitig mitteilt, dann kann etwas Veränderndes geschehen.
Der Wunsch, einen Vater zu haben, mit ihm Zeit zu teilen, zu scherzen, durch die Stadt zu gehen, das ist auch ein ganz richtiger, ganz berechtigter , ganz angemessener Wunsch und noch dazu ein sehr schöner.

Alles Liebe
Gerda
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