Ich brauche HILFE :(

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
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MagicDumpling
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Ich brauche HILFE :(

Beitrag von MagicDumpling »

Hey Leute,

habe gesehen, dass es dieses Board gibt und dachte, dass ich mich hier mal mit Gleichgesinnten unterhalten kann.

Mit 12 oder 13 haben sich meine Eltern getrennt. Und richtig bewusst und schlimm werden die Folgen, seit dem ich 18 bin. (Bin letztes Jahr im November 19 geworden, geht also schon länger)

Ich HASSE meine Eltern! Beide! Auch wenn ich das nicht sagen darf.
Ich weiß, ihr denkt jetzt, dass das jeder mal macht und damit habt ihr auch recht, aber DAS, was die mir angetan haben zerreist mich wirklich.
Ich bin Einzelkind. Meine Mutter kommt aus Tschechien und hat mich bekommen als sie 20 Jahre alt war und mein Vater (kommt aus Deutschland) war damals schon 40, also zwischen denen ist 20 Jahre Unterschied. Das muss man sich mal vorstellen: Mein Vater war 20, als meine Mutter geboren wurde. Er hätte auch ihr Vater sein können..

Jedenfalls haben die sich irgendwo in einer Disko in Tschechien kennengelernt, allerdings frage ich mich wie, weil sie kein Wort deutsch sprechen konnte und er kein Wort tschechisch. Sie waren nicht mal ein halbes Jahr zusammen, schon war meine Mutter schwanger mit mir. Sie hat mir erzählt, dass mein Vater zu ihr meinte, dass ohne Verhütungsmittel nicht immer was "passieren" muss.. und sie hat ihm einfach geglaubt. Ich war sozusagen ein "Unfall". Heute wünschte ich, man hätte mich nicht in die Welt gesetzt.
Dann wollte mein Vater meine Mutter unbedingt mit nach Deutschland nehmen, weil die Lebensbedingungen besser waren als in Tschechien, womit er eigentlich auch recht hatte. Meine Mutter wollte eigentlich nicht nach Deutschland, hat aber nachgegeben (war wahrscheinlich die "Rosarote Brille"). Nachdem meine Eltern dann eine nette Wohnung gefunden haben sind sie dort zusammengezogen und haben kurz nach meiner Geburt geheiratet.
Diese Ehe hielt 13 Jahre lang und meine Mutter unterbrach sie, indem sie aus der Wohnung mit mir ausgezogen ist, als mein Vater einen Trip nach Russland gemacht hatte (Er war sehr oft in Russland. Er meinte immer, dass es Geschäftsreisen wären, aber meine Mutter sagte immer, dass er seine "Geliebte" besucht)

Diese Trennung hat mich psychisch sehr zerstört. Meine Mutter hat mir immer eingetrichtert, was für ein schlimmer Mann er doch gewesen sei und nach dem Auszug hatte ich erstmal mehrere Monate überhaupt keinen Kontakt zu meinem Vater. Ich wollte aber auch keinen Kontakt und will bis jetzt auch keinen Kontakt.
Später musste ich dann sehr oft zum Gericht, warum weiß ich aber auch nicht. Der Richter hat mich oft gefragt, welches Elternteil ich gerne mag und wo ich lieber hin möchte, aber ganz genau konnte ich die Frage garnicht beantworten.
Mein Vater hat es dann dazu gebracht eine wöchentliche Regelung einzuführen, das heißt: Ich war eine Woche bei meiner Mutter und dann wieder eine Woche bei meinem Vater und das ging etwas länger als 1 Jahr lang so, obwohl ich das nicht wollte, was ich mich aber nicht getraut habe zu sagen. Ich habe mich immer meiner Mutter anvertraut, aber sie konnte ja auch nichts machen, weil es sonst heißen würde, dass sie mich beeinflussen würde.

Ich habe mich so schlimm gefühlt, wirklich wie ein Ball, der ständig hin und her geworfen wurde. Das Allerschlimmste war aber, dass meine Eltern seit der Trennung nie wieder ein Wort miteinander gesprochen haben. Meine Mutter wollte alles über ihren Anwalt klären, was aber nicht immer funktionierte, also fühlte ich mich wie der große Botschaftenüberbringer á la "das nächste mal wenn du wieder bei ihm bist, sagst du ihm, dass er mit mir noch eine Rechnung offen hat und er sich warm anziehen kann, wenn er so weiter macht.." und so weiter..
Irgendwann mit 15 war mir dann alles egal geworden. Ich war sehr schlecht in der Schule, hatte fünfen vor allem in Mathe und irgendwie entstand durch den ganzen Druck eine Essstörung. Ich habe mehrere Wochen lang gehungert, sehr wenig gegessen und auch fast garnichts getrunken. Hab mich dann wieder gerettet, als ich meinen jetzigen Freund kennengelernt habe, mit dem ich jetzt schon 3 Jahre lang zusammen bin. Gott sei dank war und ist er da.

Heute ist es wirklich der Horror mit meinen Eltern, denn ich bin 18 und muss alle Entscheidungen selbst treffen und merke, dass ich das nicht kann. Wahrscheinlich liegt es an den Folgen der Trennung meiner Eltern, aber ich kann einfach keine vernünftigen großen Entscheidungen treffen.
Jetzt ist es eben so, dass ich mit meinem Freund zusammen wohne und wir beide studieren. Also bei mir kann man es nicht wirklich studieren nennen, denn ich mache 3 Jahre lang Wartesemester, um das studieren zu können, was ich schon immer studieren will (Ernährungswissenschaften). Dass ich so lange warten muss liegt an meinem schlechten Abi, was ich wahrscheinlich auch meinen dummen Eltern zu verdanken habe. Naja, in der Zwischenzeit mache ich jetzt eine Fernausbildung zur Ernährungsberaterin, damit ich auch was zu tun hab in den 3 Jahren. Ich hoffe ich finde bald einen guten Job.

In letzter Zeit geht es oft um Unterhalt. Deshalb musste ich mir eine Anwältin suchen, bzw. sie wurde mir von meiner Mutter und ihrem Freund angedreht, denn die beiden sind der Meinung, dass mein Vater Unterhalt zahlen soll (Das hat er seit ich 12 oder 13 bin nicht gemacht). Meine Mutter hat ja auch Recht, ich habe einen Anspruch auf den Unterhalt. Letztens hat sie mich sogar dazu gebracht eine Strafanzeige gegen meinen Vater zu machen, weil er keinen Unterhalt zahlt, wovon meine Anwältin nichts weiß, weil meine Mutter meinte, sie muss nichts wissen. Also hab ich meiner Anwältin auch nichts gesagt.

Jetzt meint mein Vater er wäre nicht mein Vater und besteht auf einen Vaterschaftstest. Meine Mutter will das nur über das Gericht machen und mir ist das eigentlich alles egal, musste aber eine Entscheidung bei der Anwältin machen, also hab ich auch gesagt, dass ich das übers gericht machen will. Ich wünschte einfach ich hätte keinen Vater.
Meine Anwältin hat jetzt auch herausgefunden, dass ich die Strafanzeige gegen meinen Vater gemacht habe und möchte, dass ich sie deswegen mal anrufe. Ich hoffe sie schreit mich nicht an oder so.

Also dadurch, dass jetzt erstmal festgestellt werden muss, ob er überhaupt mein Vater ist, wird die ganze Unterhaltssache auf Eis gelegt. Und ich musste auch Verfahrenskostenhilfe beantragen, aber mein Vater und sein Anwalt bestehen darauf, dass mir die Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt wird. Ich hoffe dass das Gericht richtig entscheidet.

Zum Ende wird alles kompliziert zu lesen, das tut mir leid.
Ich komme einfach mit garnichts mehr klar und will mich eigentlich einfach nur noch umbringen, egal wie, damit ich nicht mehr in dieser Welt mit diesen Umständen leben muss.
Bitte helft mir irgendwie.
Ruhelos
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Registriert: 23. Februar 2011 00:51

Re: Ich brauche HILFE :(

Beitrag von Ruhelos »

Hallo MagicDumpling!

Erstmal ein riesengroßes :trost: von meiner Seite, auch wenn es auf dem virtuellen Wege nicht so hilfreich ist wie wenn man einfach mal in den Arm genommen wird.
Und noch was: Umbringen ist nicht. Auch, wenn es Dir momentan so vorkommt, als ob alles auf dieser Welt nur noch Mist ist. Fakt ist: Du bist nicht allein mit diesem Problem!
Lass bitte den Kopf nicht hängen! Ich weiß, dass es sich blöd anhört, wenn einem in so einer Phase gesagt wird, dass morgen ein anderer Tag ist und es schon irgendwie wieder weitergehen wird.
Aber mit der Zeit wirst Du bestimmt feststellen, dass die Zeit wirklich einiges gut macht. Auch wenn sie meiner Ansicht nach nicht alle Wunden heilen kann.
Manche sind dafür einfach zu tief. Aber es verändert sich. Das kann ich jetzt aber auch erst zwölf Jahre nach der Trennung meiner Eltern sagen. Und bis dahin war es ein sehr steiniger Weg.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass von damals nichts mehr geblieben wäre. Aber das spielt jetzt im Augenblick auch keine Rolle. Hier geht es um Dich!
Um Dir helfen zu können, muss ich allerdings ein bisschen was aus meinem Leben erzählen...

Den Hass auf Deine Eltern kann ich nur all zu gut nachvollziehen. Ich hasse meine Eltern auch. Ich entsinne mich aber auch noch, dass ich sie erst seit der Zeit hasse, in der sie
angefangen haben mich als Spielball einzusetzen. Ich habe den Boten und den Therapeuten spielen müssen. Mir ist dabei lange nicht klar geworden, dass meine Eltern zu der Zeit in den
Status eines Kindes geschlüpft sind und ich plötzlich der "Erwachsene" war, der den Streit schlichten und verantwortungsbewusst handeln sollte. Was ich in dieser Zeit dabei völlig aus den Augen
verloren habe war, dass sie mich in dem Augenblick zum Erwachsenen abgestempelt haben. Verdammt noch mal! Ich war das Kind und sie hatten sich wie Erwachsene zu verhalten. Und nicht umgekehrt!
Versuch doch mal z. B. Deine beste Freundin als Botin einzuspannen, wenn Du Dich mal mit Deinem Freund streiten solltest. Frei nach dem Motto: "Richte ihm mal aus, dass ..."
Wenn man mal in Ruhe darüber nachdenkt, merkt man erst, wie bescheuert dieses Verhalten von Deinen Eltern ist.
Fest steht: Dass müssen die beiden unter sich aus machen. Die haben sich gegenseitig das Ja-Wort gegeben und Dich in die Welt gesetzt ohne Dich zu fragen.
Selbst jetzt scheinen sie sich nicht wirklich damit zu beschäftigen, wie es Dir damit geht.

Deinem Schreiben entnehme ich, dass das Vertrauen zu Deiner Mutter stärker ist und Du sie doch irgendwo zu lieben scheinst. Mit meiner Mutter war es das Gleiche.
Ich habe lange Zeit nicht gemerkt was sie mit mir gemacht hat. Wieso? Nun, ich habe ihr auch alles geglaubt, sprich wie schlecht mein Vater war, was er alles getan hat usw.
Bis ich dann heraus gefunden habe, dass es vor meiner Geburt schon große Konflikte zwischen den beiden gab. Anstatt sie jedoch auszuräumen wurde halt dann geheiratet und das Kind in die Welt gesetzt.
Meine Mutter ist nicht unschuldig. Sie hat mitgemacht. Selbst nach meiner Geburt wurde ich immer wieder für irgend etwas vorgeschoben. Manche Kinder sind eben nur Mittel zum Zweck.
Das ist sehr traurig, aber es ist so.

Spätestens nachdem ich dann den Boten spielen musste (und das auch noch am Telefon) hätte mir eigentlich einleuchten müssen, dass meine Mutter mich nicht schützt, so wie es eine Mutter
eigentlich tun sollte. Nein. Sie hat sich sprichwörtlich hinter meinem Rücken verkrochen. Nachdem sich das Ganze dann mit der Zeit einigermaßen beruhigt hatte, kam für meine Mutter der nächste Super-Gau.
Ich hatte einen Freund und der erinnerte sie dann irgendwie an meinen Vater. Und damit war er dann praktisch schon unten durch bei ihr.
Allerdings habe ich dann erst durch die Zeit mit ihm den nötigen Abstand gewinnen können. Sowohl zu meinem Vater als auch zu meiner Mutter. Erst da konnte ich die ganze Situation logisch analysieren und
darüber hinaus mit diesen ganzen angestauten Gefühlen zurecht kommen. Ich konnte endlich wieder anfangen richtig zu leben. Ich war endlich wieder ich selbst. Und keine Puppe, um die sich zwei wildgewordene
Kinder streiten. Die Trennung meiner Eltern ist übrigens auf das Jahr gefallen in dem ich kurz vor meinem Schulabschluss stand. Mein Vater hat dabei so einen Spruch losgelassen, den ich bis heute nicht vergessen kann:
"Du schaffst den Abschluss sowieso nicht!" Ja, da bleibt einem der Mund offen stehen. Zu seinem und meinem Erstauen habe ich den Abschluss aber geschafft. Ich habe mir dann den Luxus gegönnt ihm folgendes an den
Kopf zu werfen: "Siehst Du! Selbst zum Durchfallen bin ich zu blöd!" Danach konnte er gar nichts mehr sagen.

Das mit dem Thema "Vaterschaftstest" habe ich auch schon durch. Es wurde zwar keiner gemacht, aber mein Vater soll laut meiner Mutter auch schon daran gezweifelt haben, dass er der leibliche Vater ist.
Daraufhin meinte ich, dass man mich nur neben ihn zu stellen brauche und sich beim optischen Vergleich allein schon sämtliche Zweifel zerstreuen lassen. Es ist einfach nur ein blöder Spruch, der den Konflikt nochmal
zusätzlich anheizen soll. Da kann man gleich nochmal Öl ins Feuer gießen. Mir ist dadurch einfach klar geworden, wie tief die beiden schon gesunken sind. Dass man sich dem Kind gegenüber auf so ein Niveau herab begibt ist einfach nur noch peinlich.

Ich sag's Dir ganz ehrlich: Du bist jetzt 18 und hast Dein eigenes Leben. Die Trennung Deiner Eltern ist deren Sache. Ich weiß, dass man sich als Kind verantwortlich fühlt. Aber das ist ein Irrtum.
Deine Eltern haben mit ihrem Ja-Wort die Verantwortung für ihre Beziehung übernommen und mit Deiner Geburt die Verantwortung für Dich. Wenn sie das nicht erkannt haben, dann sind sie einfach keine guten Eltern.
Du hast noch ein Leben vor Dir, das gelebt werden will. Quäl Dich nicht mit Selbstmordgedanken. Du hast einen Freund, der für Dich da ist und Dich liebt. Was wäre das für eine Welt für ihn, wenn Du Dir das Leben nehmen würdest?
Leute, die versuchen Dich kaputt zu machen sind es nicht wert, dass Du wegen denen Dein Leben weg wirfst.

Ich weiß, dass man als Scheidungskind extrem verunsichert ist. Man traut sich und anderen nicht mehr so wirklich über den Weg. Man kann Entscheidungen nicht mehr so ohne weiteres fällen und ist extrem verunsichert.
Aber weißt Du, was mit in all den Jahren immer geholfen hat nicht aufzugeben? Ich habe mir immer wieder vor Augen gehalten "ICH BIN NOCH DA!". Nein, sie haben mich nicht klein gekriegt. Nein, es hat mich nicht zerstören können.
Bis zum heutigen Tag habe ich "überlebt". Und Du bist auch da! Und Du wirst es auch überleben. Vielleicht wachen Deine Eltern auch irgendwann einmal auf und erkennen mit Schrecken, was sie Dir angetan haben.
Die Zeit, die sie mit Dir hätten geniessen können haben sie vergeudet, in dem sie Dich für diese üblen Machenschaften eingespannt haben.

MagicDumpling, lebe Dein Leben! Und lass Dir nichts kaputt machen!
Von niemanden! Ich hoffe ich konnte Dir zumindest ein wenig weiter helfen.

Viele liebe und tröstende Grüße,
Ruhelos
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