Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

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Mandel
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Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Mandel »

Hallo zusammen,

Ich bin kürzlich auf dieses Forum gestoßen und habe schon gespannt viele Beiträge gelesen. Es ist schön zu sehen, wie respektvoll Ihr hier miteinander umgeht. Nun möchte ich mich Euch auch vorstellen und um Euren Rat bitten. Seht mir nach, dass das so lang ist, aber kürzer kann ich es nicht zusammenfassen.

Kurz zu unserer derzeitigen Situation:
Mein Freund und ich (selbst Scheidungskind) leben seit zwei Jahren zusammen. Sein Sohn aus zweiter Ehe (8) lebt zurzeit zur Hälfte bei uns und zur Hälfte bei der Mutter. Sein Sohn aus erster Ehe (16) seit einigen Monaten ebenso, damit wir ihn schulisch unterstützen können. Wir wohnen dicht bei der Mutter des Kleinen, so kann er nach der Schule entweder zu uns oder zu Mama. – Seit einigen Wochen hat er sehr diffuse gesundheitliche Probleme (Bauchweh, Übelkeit, Reizblase, kann nicht einschlafen, hat auch sehr zugenommen etc.), für die der Arzt keine Ursache finden kann.

Zu unserer Geschichte.
Für den Kleinen waren die letzten 2.5 Jahre sehr turbulent. Seine Mutter war durch Leukämie und Selbstmordversuch insgesamt ca. 1.5 Jahre in Kliniken, so dass der Junge oft ganz bei uns war. Dazu kamen kürzere Aufenthalte zu Nachuntersuchungen etc. Für den Jungen war und ist das jedes Mal die Hölle, immer kam ihre Abwesenheit sehr plötzlich und war manchmal (Selbstmordversuch) für ein Kind auch einfach nicht zu erklären.

Die beiden „Männer“ sind eigentlich immer sehr gut zusammen zurecht gekommen. Nur manchmal, in den für den Jungen ganz harten Anfangszeiten (wir sind zusammengezogen, die Mama war weg, er war gerade neu in der Schule), waren sie sich einfach zu ähnlich und haben sich gegenseitig wehgetan, weil sie nicht aus ihrer Haut konnten. Das Verhältnis zwischen mir und dem Jungen war aber immer gut. Wir haben uns langsam aneinender rangetastet. Er hat mich von Anfang an akzeptiert, und ich habe nie versucht ein Mutterersatz zu sein. Seit einiger Zeit geht er körperlich etwas auf Distanz, kommt nicht mehr auf den Schoß, dreht sich weg, wenn ich ihn mal allein ins Bett bringe o.ä. Ich lasse ihn und vermute, dass er seine Mutter nicht verraten will. Zumal er sowieso kein besonders körperbetontes oder emotional extrovertiertes Kind ist, und er sich ansonsten mir gegenüber sehr vertrauensvoll und aufgeschlossen verhält.

In den ersten paar Wochen unseres Zusammenlebens war der Junge alle zwei Wochenenden und einen Tag die Woche bei uns. Mein Freund hätte ihn gern ganz bei sich gehabt, die Mutter sagte aber, dass sie ihre Krankheit ohne den Jungen nicht packen würde. Jedes Mal gab es viel Theater, weil er von Mama nicht weg wollte. Die Verlustängste waren wohl mehr als verständlich, auch wenn mein Freund das oft gegen sich ausgelegt hat und sehr verletzt war. Das war viel Arbeit. Dann war der Junge wegen erneuter Klinikaufenthalte seiner Mutter viele Monate nur bei uns, konnte die Mama nur kurz oder gar nicht sehen. Danach war sie mal im Krankenhaus, mal zu Hause, mal länger mal kürzer. Zu Anfang war das die Hölle, aber dank der kurzzeitigen Hilfe einer Kinderpsychologin und viel Geduld wurde sein Verhalten immer ausgeglichener. Auch wenn die Mutter zu Hause war haben wir darauf bestanden, dass der Junge mindestens zur Hälfte der Zeit bei uns ist, damit bei ihrer nächsten Abwesenheit wenigstens nicht wieder seine ganze Welt aus den Fugen gerät und ein Teil immer Bestand hat. Darum mussten wir immer sehr kämpfen, auch wenn es mit der Zeit einfacher wurde. Und so langsam hatte sich unser Leben eingependelt. Dann kam im Winter wieder ein halbjähriger Krankenhausaufenthalt der Mutter, der das Fass wieder zum Überlaufen gebracht hat.

Als seine Mutter zum letzten Mal im Krankenhaus war, vermisste der Junge sie natürlich. Manchmal war er auch sehr traurig. Aber er hatte einen geregelten Tagesablauf und war zu unserem Erstaunen weder krank noch besonders auffällig. Klar, manchmal unausgeglichen, dass kann ihm keiner verübeln. Er wollte aber auch selten darüber reden. Seit sie nun wieder zu Hause ist, hat er seit mehreren Wochen gesundheitliche Probleme. Er sieht, dass es ihr wegen Medikamenten und überstandener Krankheit schlecht geht, macht sich Sorgen, fühlt sich verantwortlich, ist mal hier mal dort. Aber, wie sein Papa frisst er viel in sich hinein und wenn die kleine Seele nicht mehr weiter weiß, dann meldet sich der Körper.

Während körperliche Wehwehchen bei uns eigentlich immer mit Zuspruch, Tee und Wärmflasche zu lindern sind ist er bei seiner Mutter oft richtig krank. Vielleicht aus Solidarität, weil er sieht wie schlecht es ihr geht, vielleicht, weil er einfach keine Kraft mehr hat und keine Verantwortung mehr für sie übernehmen kann?

Aber als er am Sonntag nach Hause gekommen ist hat er eine Stunde lang geweint. Er war "nett" zu uns, hat sich bemüht, aber war den ganzen Abend sehr traurig. Der Mutter sagte er, er habe Angst, dass sie stirbt. Und er fragt jetzt öfter mal, ob er nicht schon früher oder länger wieder zur Mama kann.

Verständlich. Aber mein Freund und ich wollen gern an der mindestens 50% bei uns Regelung festhalten. (Bisher schien diese Regelung für ihn gut zu sein.) Zum einen ist die Zeit bei der Mutter für den Jungen zwar schön und wichtig, aber auch sehr belastend, weil er sich wie er selbst sagt um die Mutter Sorgen macht. Oft muss er sich erstmal abreagieren, wenn er einige Tage dort war, weil immer nur lieb und rücksichtsvoll zu sein auch für das liebste Kind sehr schwer ist. Zum anderen fühlt er sich auch bei uns sehr wohl und tobt gern mit Papa und Bruder, manchmal „trauen“ sie sich auch zu kuscheln, auch wenn Kuscheln eigentlich nur für die Mama da ist.

Demnächst steht noch ein Arzttermin an um zu klären, dass dem Jungen körperlich wirklich nichts fehlt. Danach wird er wieder zur Kinderpsychologin gehen.

Habt Ihr einen Tipp, was speziell ich tun könnte um den Jungen und meinen Freund zu unterstützen? Es tut schon weh, dem armen Kind zuzugucken, wie es sich die „Schuhe der Mama anzieht“ und so sehr leidet ohne wirklich zu wissen warum und meinem Freund zuzusehen, wenn er sich verletzt und hilflos fühlt, sogar ungerecht wird und nicht aus seiner Haut kann, wenn der Junge Angst um die Mutter hat.

Sollten wir das 50:50 Modell doch überdenken, um ihm das hin und her zu ersparen? Mehr bei der Mama um die Zeit aufzuholen, die sie bisher verloren haben? Mehr bei uns (was Mutter und Sohn gerade sicher nicht wollen würden), um ihn vor der Verantwortung zu schützen und wieder Kind sein zu lassen?

Eure ratlose Mandel
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Ansa
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Ansa »

Liebe Mandel,

willkommen bei uns im Forum. Das was ihr da durchmacht, ist sicher auch eine sehr spezielle Situation, ich finde es toll, wie Du das hinbekommst und wie sehr Du Dich in den Sohn einfühlen kannst.

Du fragst, wie könnt ihr ihm noch mehr helfen? Habt ihr denn mal mit ihm gesprochen? Wie sieht er das denn? 8jährige sind ja noch recht jung, aber man kann anhand ihres Verhaltens vielleicht doch das ein oder andere erkennen? Geht er gern zu Mama zurück oder eher verhalten? Wie nimmt er selbst den Wechsel für sich an?

Wichtig scheint mir, das er aus der Verantwortung genommen wird, das er sicher weiß (und ihr es ihm vermittelt) das er mit dieser Situation nichts zu tun hat. Das er unschuldig ist, an der Krankheit, an der Trennung und an allem anderen auch. Wir Großen denken so oft, das weiß das Kind doch aber und wenn man mal genauer hinschaut, dann wissen sie genau das eben leider nicht.

Ich glaube, ich fände da einen Kurs in einer ortsansässigen Beratungsstelle ganz gut. Gibt es so etwas bei Euch? Die psychische Belastung ist doch recht groß und ich weiß von meinen Kindern, das solche Kurse mit anderen Kindern sehr hilfreich sein können. Vielleicht gibt es auch eine Selbsthilfegruppe die an einspringen kann und die sich um Kinder von Suizidgefährdeten oder Krebskranken kümmert und sie auffängt? Es gibt sicher auch gute Bücher zum Thema. Ich glaube darüber reden kann hilfreich sein...... nicht Kind sein lassen (das natürlich auch) aber die Dinge angehen. Kinder bleiben so oft außen vor und das verletzt sie sehr.

Erst einmal liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
MarliJo

Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von MarliJo »

Hallo Mandel,

herzlich willkommen hier !

Ja, das ist wirklich eine schwierige Situation, in der ihr euch alle da befindet. Umso schöner, dass du dich so gut in die Bedürfnisse des Sohnes deines Freundes hineindenken kannst - sicher auch aus deinen eigenen Erfahrungen als Scheidungskind ?!

So wie ich es vermute, ist der Sohn durch die ganze schwierige Situation, die die Trennung und die schwere Krankheit seiner Mutter mit sich bringt sehr überfordert. Das er seinen Gefühlen (Ablehnung, Wut, Unsicherheit und Trauer) einen Raum gibt, ist ja etwas sehr wertvolles. Behilte er es die ganze Zeit für sich, würde sich möglicherweise etwas Ungutes in Ihm aufstauen, was am Ende kaum noch auflösbar ist.
So habt ihr immerhin die Möglichkeit, seine Reaktionen zu sehen und zu überlegen, wie ihr ihm helfen könnt. Sicher, es ist schwer mit anzusehen, wenn ein Kind eine ganze Stunde lang weint - ihm selbst mag es in dem Moment ein wenig Luft verschaffen. Ich denke es ist wichtig, dass er auc weiterhin merkt, dass er seine Gefühle bei euch auch weiterhin äußern darf (was ja auch ein Vertrauensbeweis ist).

Es ist natürlich eine unsagbare Last, dass die kranke Mutter den Sohn "braucht", um möglicherweise ihre eigenen - nicht einmal unberechtigten - Ängste zu bekämpfen. Da ist er sicher ganz und gar hin und her gerissen und will einerseits seiner Mutter helfen und weiß auf der anderen Seite, nicht wie. Und sicher hat auch er Angst um seine Mutter.
Es wäre schön, wenn die Mutter selbst ihm diese Verantwortung und Angst nehmen könnte. Vermutlich schafft sie es nicht ?
Wäre es eine Idee, wenn der Papa mit dem Sohn einmal die Mutter besucht, wenn sie Krankenhaus ist ? Als Zeichen der ANteilnahme an seiner Situation und damit er spürt, da begleitet mich der Papa und hilft mir dabei, dieser schweren Krankheit ins Auge zu sehen ?
Ich denke, so schwer es auch ist, er muß lernen seine Mutter mit dieser Krankheit "allein" lassen zu dürfen. Vielleicht braucht er erst einmal Hilfe, um zu verstehen, wie es einer Mutter geht. Damit er dadurch lernt, Belastendes von sich fern zu halten.
Doch das ist sicherlich nicht leicht und braucht viel Zeit und Zuspruch.
Was sagen denn die Kinderpsychologen zu der Situation ?

Die Sache mit dem Wechselmodell, also den zwei Zuhause,...
Ich selbst habe dieses Modell mit meiner Ex- Lg auch (instinktiiv) gewählt und das klappt auch mittlerweile gut, wobei wir Probleme, wie sie bei euch vorhanden sind, nicht haben.
Finde es zunächst einmal sehr gut, dass ihr an eurem Modell festhalten wollt.
Ich habe ein wenig überlegt und mich gefragt, ob der 8-jährige Sohn es so wahrnimmt, dass er sich bei euch UND bei seiner Mutter zuhause fühlt ? Kann er das Zuhause bei seiner Mutter überhaupt als Zuhause ansehen, wenn er um sie fürchten muß ? Fühlt er sich auch, und im Besonderen, von seinem Vater ausreichend wahrgenommen und unterstützt in der HInsicht, dass er seine Mutter RUHIGEN Gewissens vermissen DARF , wenn er lange bei euch ist ?
Denken könnte ich mir auch, dass demSohn aufgrund der Krankenhausaufenthalte und dem damit verbundenen Fortsein seiner Mutter, ein Stück Sicherheit und Kontinuität (seine unbewusste Wahrnehmung) fehlt ?

Ich glaube, dies sind ein paar Fragen, an denen sich naben anderen Dingen, festmachen ließe, welches Modell das Beste für den Sohn ist.
Was gäbe es denn überhaupt für tragfähige Alternativen, die sich für alle - insbesondere für den Sohn gut anfühlen ?

Liebe Grüße
MarliJo
Mandel
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Mandel »

Liebe Ansa,

Vielen Dank für Deine Anregung. In so einer Situation tut es sehr gut seine Gedanken ordnen und von jemand anderem ein Rückmeldung dazu zu bekommen.

Ich denke, dass der Suizidversuch an sich (den er als solchen ja nicht erkannt hat, er war damals sechs), heute eher nebensächlich ist. Wichtig für ihn war, dass seine Mutter für ihn in der Zeit nicht da sein konnte, was für ihn schwer verständlich war. Für uns hatte das natürlich noch andere Aspekte (wie viel können und wollen wir ihr danach zumuten, wie sehr können wir uns auf ihre Aussagen noch verlassen etc.)

Sprechen tun wir mit ihm ab und zu darüber, seine Mutter macht das öfter, denke ich. Das ist für ihn immer sehr anstrengend und darum redet er da auch nur selten von sich aus drüber. Auf diese Momente, oder wenn er eben sehr traurig ist, haben wir uns jetzt beschränkt. Er sagt, dass er sich Sorgen macht und Angst um sie hat. Oft fühlt er sich auch einfach nicht gut und unglücklich ohne zu wissen warum. Oder er wird halt einfach krank.

Du fragst, ob er gern zu seiner Mutter zurückgeht. Ja, das tut er. In Zeiten, in denen alles in Ordnung ist, er zur Ruhe gekommen ist hält es sich die Waage. Da kann es auch gut sein, dass er bei uns ist und lieber noch nicht rüber gehen möchte, weil er gerade mit irgendwas beschäftigt ist, aber eigentlich geht er immer gern hin. In angespannten Zeiten hat er inzwischen akzeptiert, dass es klare Regeln gibt, wann er wo ist, auch wenn er dann lieber öfter bei Mama wäre. Diese Regeln werden ein paar Tage lang aufgeweicht, wenn die Mama gerade wieder aus dem Krankenhaus zurück ist, aber sonst ist die Regelung so auch OK. (Problem ist manchmal, dass Mama und er sich dann ständig ganz tolle Ausnahmen überlegen, und wir dann „die Bösen“ sein dürfen, wenn wir es nicht erlauben.) Allerdings gibt es auch Phasen in denen wir das Gefühl haben, ohne dass er das direkt sagen würde, dass er froh ist auch wieder bei uns zu sein, weil er da nicht mehr vorsichtig und immer nur rücksichtsvoll sein muss. – Dieses “ich muss bei Mama sein, auf sie aufpassen und mir Sorgen machen” Verhalten haben wir vor einiger Zeit auch mit ihm besprochen. Seit dem ist es besser geworden. Dafür ist jetzt die Angst stärker geworden, dass die Mama sterben könnte. Zwar sieht für sie jetzt wieder alles sehr gut aus, aber es gibt natürlich keine Garantie und niemanden, der ihm versprechen kann, dass jetzt endlich alles gut bleibt. Dazu hat schon zu oft alles wieder von vorne angefangen.

Bei dem Jungen tue mich aber etwas schwer mit ihm zu reden, weil ihm das oft nicht angenehm zu sein scheint. „Nebenbei“ klappt so was oft ganz gut. Aber nur in sehr kleinen Häppchen. – Wenn ich so drüber nachdenke, wir haben ihm glaube ich noch nie gesagt, wie prima er das bisher alles gemacht hat. Das haben wir vor lauter Anspannung auch oft gar nicht so gesehen. Das sollten wir wohl unbedingt mal tun.

Was grundsätzlich einen Austausch mit anderen Kindern angeht, da bin ich nicht sicher, ob wir ihm einen Gefallen damit tun würden. Vom Kopf her ist er weiter aus „vom Bauch“. Das heißt, er versteht sehr viel sehr schnell, kann aber emotional oft vieles nicht verarbeiten, auch, weil er keinen Kanal dafür findet. Ein normales „Jungsproblem“? Ich glaube, das macht ihn grundsätzlich sehr unsicher. Mit älteren Jugendlichen oder Erwachsenen ist das ein kleineres „Problem“, da geht ja auch viel „über den Kopf“. Aber bei Kindern seines Alters hat er, glaube ich, oft das Gefühl ihnen überlegen sein zu müssen (solchen Tendenzen gab es aber wohl immer schon, auch vor dieser Zeit). Er ist in der Schule gut, überhaupt nicht auffällig, kommt auch mit seinen Mitschülern gut klar, die mögen ihn, aber es spielt sich eben viel auf der Sachebene ab. Er macht auch sehr viel allein, hat auch niemanden mit dem er sich zum Spielen verabreden wollte. – Aber vielleicht hast Du Recht und es käme auf einen Versuch an, vielleicht auch um seine emotionale Seite etwas „zu trainieren“. Ich werde mich mal umhören. – Die Kinderpsychologin hat sich noch nicht wirklich geäußert. Dort wird er wohl auch erst nach unserem Urlaub im Juli wieder hingehen.

Habt ihr Erfahrung wie man solchen „Kopfkindern“ den Weg etwas erleichtern kann? Ihnen vielleicht auch zu zeigen, dass Freundschaft einem keine Angst machen muss, sondern was Schönes ist und es manchmal sogar helfen kann sich emotional auf andere einzulassen?
Mandel
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Mandel »

Halllo MariJo,

vielen Dank für Deine Gedanken und Anregungen. Du hast schon Recht. - Wir waren lange einfach nur froh, dass er sich normal, also weitgehend unauffällig, verhalten hat. Aber dass „normal“ und unauffällig zu sein in so einer Situation natürlich nicht unbedingt gut ist steht außer Frage.

Nun, wir hoffen, dass die langen Krankenhauszeiten jetzt erstmal vorbei sind. Ganz früher haben wir ihn gefahren. Es wurde uns allerdings verboten im Gebäude zu bleiben. (Von ausgebildeten Psychologen. Wie wir dem Kind den Konflikt ersparen sollen, dass es zur Mutter möchte, wir dort aber nicht erwünscht sind, hat uns allerdings niemand sagen können. Danach haben ihn die Großeltern mitgenommen. Auch, weil uns niemand sagen konnte, wie lange das so weitergehen sollte und wir gemerkt haben, dass wir unsere einzige Ruhezeit in der Woche nicht nur damit verbringen können. – Mein Vertrauen in Psychologen hat in dieser Zeit sehr abgenommen.)

Ein Problem ist denke ich in der Tat, dass die Mutter mit allem natürlich auch überfordert ist. Als Weg des geringsten Widerstandes macht sie oft Pläne mit dem Sohn, der dann „von sich aus“ fragt, ob das so OK ist, wenn er dadurch z.B. weniger bei uns ist. Doofe Situation, weil er das a) nicht unbedingt selber entscheiden und b) nicht selber nachfragen müssen sollte. Aber das Thema wer wann für Absprachen zuständig ist ein anderer Punkt, das ist besser geworden, aber sich auch noch verbesserungsfähig.

Der Junge spricht von beiden Orten als zu Hause, von Anfang an. Das bekommt er gut hin. Auch dass es bei uns andere Regelungen gibt als bei der Mama (dort darf er mehr, steht natürlich mangels anderer Möglichkeiten und als einziges Kind und Enkelkind auch oft im Mittelpunkt) scheint ihm wenig Probleme zu bereiten. Er merkt ja auch an beiden Orten Vorteile der jeweiligen Situation.

Als es ihm jetzt gesundheitlich so lange komisch ging hatte ich erst gedacht, es liegt vielleicht daran, dass er das hin- und her nicht verträgt. Durch sein positives Verhalten bei uns (uns gegenüber und mit uns) frage ich mich im Moment aber eher, ob es nicht mehr was mit dem Gefühl der Verantwortlichkeit gegenüber seiner Mutter und die Angst um sie zu tun hat. Und das ließe sich wohl nicht dadurch beheben, wenn er dort und nur noch als Wochenendkind bei uns wäre.

Was die Kontinuität angeht, da hast Du sicher recht. Das haben wir ganz am Anfang sehr stark gemerkt, als er dann gezwungenermaßen zu uns gezogen ist und es für ihn und alle um ihn herum einfach wahnsinnig schwierig war mit seinen Ausbrüchen und Schuldgefühlen umzugehen. Das ist sehr viel besser geworden, auch, wie ich glaube dadurch, dass eben seit zwei Jahren eine Hälfte seines Lebens konstant weiterläuft, egal was passiert. Trotzdem macht ihm natürlich das Fehlen der anderen Hälfte, auch des Urvertrauens, dass seine Eltern immer für ihn da sind, zu schaffen.

Die Unterstützung von seinem Vater ist sehr schwierig. Da habe ich schon so viel geredet, es ist auch besser geworden. Aber dennoch weiß ich bei Sätzen wie „Du warst jetzt drei Tage bei der Mama. Ist es bei uns so schlimm, dass Du jetzt gleich wieder weinen musst?“ nicht mehr weiter. Der Papa ist einfach sehr verletzt, dass der Junge bei uns ein so tolles zu Hause hat, wo er sich wohlfühlt, und dass es dennoch nicht reicht. Dass es die Mama mit ihren Problemen (für die sie mal verantwortlich ist, mal nicht) trotzdem immer wieder schafft, ihn da mit rein, ihn auf ihre Seite „zu ziehen“ und ihn so zu belasten. Da steckt glaube ich auch viel Unsicherheit dahinter, sicher auch Verlustangst, dass ihm sein zweites Kind auch entgleitet, er sieht, dass das nicht gut ist, aber nichts tun kann. – Dass diese Angst und das daraus resultierende Verhalten vielleicht mal genau das auslösen könnte wovor er Angst hat sieht er oft nicht. Oder sieht es und kann dennoch nicht aus seiner Haut. Ich bin da langsam sehr ratlos. Beratung wäre hier sicher eine Möglichkeit, die ich auch sehr unterstützen würde (auch für mich). Aber nach Jahren der Therapie seiner Exfrau, bei denen auch wir gelernt haben, dass Psychologen mit etwas Übung sehr leicht hinters Licht zu führen sind, hat er da wenig Vertrauen. Zumal Beratung, Therapie, Krankheit und nicht „normal“ Sein für ihn alles irgendwie zusammengehört. Er bemüht sich sehr, frisst aber oft lieber in sich hinein.

Wenn ich ehrlich bin, kann ich mir keine Alternativen zum 50:50 Modell vorstellen. Mehr bei uns, das würden er und seine Mutter sicher nicht wollen. Selbst wenn wir es wollten dürfte es dann schwierig durchzusetzen sein. Er hängt ja auch sehr an ihr, auch weil sie eben den „emotionaleren“ Part der Eltern übernimmt. Auch will der Papa vom Sohn natürlich nicht hören er sei Schuld, dass er die Mama nicht sehen darf. Ob der Junge tatsächlich mehr bei der Mutter sein wollte kann ich im Moment gar nicht beurteilen. Gut täte es ihm im Moment sicher nicht, weil er dann noch weniger Verschnaufpausen hätte und sich dieser Verantwortung sicher schwerer entledigen könnte. Früher wollte er zur Mutter, aber ich denke auch er hat gemerkt, dass es ihm gut tut auch bei uns zu sein. Und auch am Vater hängt er und kann ihm das wieder zeigen. – Insgesamt hat er da einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn: bei jedem die Hälfte ist gerecht. Was ein Problem war, weil er lange mehr bei uns war. – Die Wechselabstände sind sehr kurz, er kommt nach der Schule an festen Tagen immer abwechselnd zu uns und zur Mutter. Zum einen, weil er von der Schule kommen kann, es für ihn also kein extra Aufbruch zum anderen zu Hause ist. Zum anderen kann er jeden Tag beide sehen, einen morgens, einen abends. Wir haben wir die Erfahrung gemacht, dass in unruhigen Zeiten zumindest der Wechsel zu uns z.B. sonntags nach zwei oder drei Tagen bei Mama sehr viel schwieriger ist. Bis die Krankenhauszeit wieder anfing hatte ich auch das Gefühl, dass es ihm wichtig war beide fast jeden Tag zu sehen. Aber vielleicht wären längere Abstände einfacher für ihn? Allerdings schien er sich auf feste Wochentage immer gut einstellen zu können. Durch die wechselnden Wochenenden würden zwei oder drei feste Tage am Stück dann natürlich noch viel länger. Habt Ihr Erfahrungen, wie Achtjährige mit solchen Zeitspannen von vier oder fünf Tagen umgehen? Ich meine, wird das als angemessene Zeitspanne empfunden oder ist das doch schon sehr lang und die Umstellung dann doch wieder schwerer?
MarliJo

Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von MarliJo »

Hallo Mandel,

es ist sehr schön, wenn sich innerhalb der letzten Zeit schon so einiges zum Besseren gekehrt hat.
Da möchte ich noch einmal etwas hinterfragen.
Kann der Sohn das denn auch SO wahrnehmen, dass für ihn vieles besser/einfacher geworden ist,... oder ist das doch etwas mehr eure Erwachsenenperspektive ? Ihr tut ja zweifels ohne sehr viel !, um die Situation zu verbessern, wobei sich gerade aus Tatsache, dass man viel investiert, der unbewusste Gedanke "einschleicht", das, was man selbst gefühlt als "gut" empfindet, nun auch ein anderer (der Sohn) so empfinden müsste ?! Weist, du was ich meine ?
Was ich sagen möchte ist, dass ich glaube, solange der Sohn einer so schwierigen Situation ausgesetzt ist und die Mutter wenig Kraft hat, poitiver auf ihn einzuwirken, er die Verbesserungen bei euch gar nicht richtig wahrnehmen kann, weil er sich durch die "andere Seite"gehemmt fühlt.
Ich finde es gut, wenn ihr ihn da weiter unterstützt und denke da ist inerster Linie der Papa gefordert . Und ja, er sollte sich überlegen, was aus seinen Äußerungen vielleicht als Verletzungen bei seinem Sohn ankommen könnte.

Zu eurem Modell.
Das ihr und auch die Mutter das bisher so gut mitgetragen habt, ist sicher eine große Erleichterung für den Sohn, dieses Modell für ihn selbst auch als gut tragbar zu empfinden.
Im Grunde finde ich JEDES Modell dann gut, wenn es von allen Beteiligten (den Kindern voran) als positiv empfunden wird und von den Eltern, neuen Partenr, Großeltern auch als positiv vermittelt wird. Denn das gibt den Kindern ein Gefühl von (relativer) Sicherheit, denke ich - Scheidungskinder mögen mich bitte korrigieren, wenn es anders ist .
Für mein subjektives Empfinden könnte ich mir einen täglichen Wechsel nicht so vorstellen, was nicht heisst, das ich mich dagegen wehren würde, wollten es meine Kinder so irgendwann mal praktizieren.
Meine Kinder wechseln wöchentlich immer Freitags nach der Schule. Das hat sich denke ich ganz gut eingespielt und es ist für dei Kinder (jetzt 9 und fast 6) ein überschaubarer Zeitraum, den sie auch verinneerlicht haben - gibt es Abweichungen von dieser Regelung, fragen sie dann schon mal > was schon Donnerstag< oder >erst Samstag?<
Letztlich spielt bei jedem Modell auch die Gewohnheit eine gewisse Rolle, denke ich.

LG
MarliJo
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Ansa
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Ansa »

Liebe Mandel,

es ist oft so, das Kinder von so stark erkrankten Eltern Verantwortung übernehmen, die ihnen nicht zusteht. Das sie stark sind, wo sie weinen sollten, weil sie glauben, das sie niemanden belasten oder der Mama nicht noch ein schlechtes Gewissen machen sollten. Das hat viel mit Kopf zu tun, ja, aber eben eher unbewusst. Der kleine Kerl setzt sich nicht hin und sagt sich "hey, nicht weinen, damit geht es Mama nicht gut" sonder er erspürt unbewusst die Schwinungen und reagiert unbewusst darauf. Da kann er allein nicht raus....

Ich denke er braucht dafür einen wirklichen Ausgleich. Das ist die Zeit bei Euch, das kann aber auch Musik sein oder ein Sport, Situationen in denen er unbefangen sein kann ohne über etwas nachzudenken. Wäre so etwas möglich? Nicht, wo man ehrgeizig sein muss oder wo man Verantwortung übernehmen sollte, sondern einfach etwas, das nichts als Spaß macht. Tiere können sehr hilfreich sein.

Und andere Kinder, es hilft Kindern mehr als wir denken, wenn sie sehen, erleben und spüren, das es Kinder gibt, denen es ähnlich geht wie ihnen selbst. Es tut ihnen gut, wenn ihnen Experten vermitteln "Aber Du darfst weinen, ich würde das auch tun." Das hat andere Dimensionen, als wenn Eltern das vermitteln. Es tröstet und lässt die Dinge nicht sooo einzigartig erscheinen. Von daher würde ich darüber noch einmal nachdenken und vielleicht auch in der Klinik fragen, ob sie Verbindungen zu solchen Gruppen haben oder Euch raten können? Auch Angehörige müssen in solchen Fällen betreut werden und ganz besonders Kinder. Abbrechen kann man das immer noch, wenn es schief geht. Aber das würde ich erst einige Male beobachten wollen, Blockaden die sich lösen brauchen ihre Zeit.

Wir neigen dazu Kinder oftmals schützen zu wollen, ihnen vorzuenthalten, was wir denken und glauben, weil wir selbst glauben, das würde sie belasten. Ich glaube, es belastet sie noch viel mehr, wenn wir nicht mit ihnen darüber reden, weil sie sich dann Dinge ausdenken, an die wir selbst nicht denken würden und das bleibt unkommentiert, weil niemand darüber spricht. So entstehen Traumen, deren Ursachen später oft gesucht werden. Im schlimmsten Fall suchen Kinder nämlich die Schuld an dem was da passiert (auch wenn das für uns Erwachsene in keinem logischen Zusammenhang erscheint) bei sich selbst und oft genug treffen sie Absprachen mit sich selbst, die nicht haltbar sind. Von daher sind andere Kinder bestimmt hilfreich.

Ich finde es unglaublich schön, das er bei Euch einen Ruhepunkt hat und wechseln kann, wann immer das notwendig ist. Gut das Ihr da seid.

Liebe Grüße
Ansa
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Mandel
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Mandel »

Vielen Dank für Eure lieben Worte und Eure Sicht der Dinge. Ich habe gar nicht mehr mitbekommen, dass Ihr geantwortet habt. Bei uns war die letzte Zeit wieder etwas turbulenter, so dass ich gar keine Ruhe mehr hatte ins Forum zu schauen.

Bezüglich eines Termins bei der Kinderpsychologin hat sich leider nicht viel Positives ergeben: Er findet nicht statt, weil der Junge nicht möchte. Er war vor ca. einem Jahr schon mal dort und wollte sogar noch weiter hin gehen, weil es ihm da laut seiner Mutter so gut gefallen hat, jetzt aber nicht mehr. Seine Mutter sagt dazu er würde das Thema total abblocken und “Du musst natürlich nicht, wenn Du nicht willst”. (Ich frage mich, ob das wirklich die Haltung des Jungen ist oder ob er das nicht von der inneren Haltung der Mama übernimmt. Denn ihr scheint es gut zu tun zu sehen, wie sehr der Junge an ihr hängt und sich kümmert. Aber vielleicht ist das ein bisschen viel Spekulation.) Von Papa ist er gewohnt, dass der, gezwungener Maßen, meistens die unpopulären Entscheidungen trifft und ist oft deshalb bei Vorschlägen von uns schon mal vorsichtiger, daher haben wir bisher noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Wenn Mama dann noch sagt er müsse ja nicht, wird es wohl schwierig. Eine Gruppe für Kinder, egal zu welchem Zweck, kam bisher wohl auch nicht so gut an. Dabei würde ich es immer noch für sinnvoll halten, auch wenn er seit Beginn der Ferien keine Beschwerden mehr hatte. Wenn sich die Eltern einig wären, wäre das sicher leichter. Aber bei der nö-keine-Lust-Haltung und einem „Du musst ja nicht“ von der Mutter haben wir wohl wenig Chancen ihn zu einer positiveren Einstellung zu bringen. Ich weiß nicht wie sinnvoll es wäre ihn da gegen seinen Willen hinzutragen. Habt Ihr eine Idee?

Das „wenn-Du-nicht willst-musst-Du-nicht“-Spiel gibt es bei uns zurzeit aber auch verstärkt in der Ausprägung „wenn-ich-mache-was-Du-willst-hast-Du-mich-lieb“-Spiel. Mein Freund will sich darauf zwar nicht einlassen aber zumindest von Seiten der Mutter habe ich das Gefühl, dass es oft um die Angst geht dem Kind nicht genug tolle Dinge geben zu können, so dass es doch lieber zum Papa will. Das ist aufgrund der langen Erkrankung und eines sicherlich vorhandenen schlechten Gewissens verständlich. Der derzeitige Zustand der Sorge um Mama erscheint mir daher auf Seiten der Mutter oft ganz willkommen. Und auch bei meinem Freund entdecke ich oft diese Angst, die ihn dazu bringt sich ein bisschen „tyrannisieren“ zu lassen. Wie geht Ihr als Eltern mit so was um? Für mich ist das einfach, und der Junge merkt das. Für meinen Freund ist es nicht einfach, weil viel emotionaler.

Immerhin haben wir mühevoll „durchgesetzt“, dass er sich einen Sportkurs aussucht und da einmal die Woche hingeht. Eigentlich mehr, weil er im letzten Winter sehr stark zugenommen hat (Kummerspeck?) und wir nicht möchten, dass er die Einstellung beibehält, Freizeitgestaltung könne nur stattfinden, wenn ein Erwachsener exklusiv ihn unterhält. Mal gucken, wie es wird.

Ansa, das mit den Tieren sehe ich auch so. Wir hatten eine Katze, das war nach einiger Eingewöhnung auch super für ihn. Leider ist sie im Frühjahr gestorben. Vielleicht gibt es gegen Ende des Jahres wieder eine.

MarliJo, ob der Junge auch das Gefühl hat, dass es besser geworden ist lässt sich schwer sagen. Gerade habe ich wieder gemerkt, dass sein Zeithorizont gerade für Gefühle doch sehr viel kürzer ist. Ich glaube, bei ihm ist das Gefühl „jetzt“ einfach noch sehr dominant. Er hat eben „jetzt“ Angst, dass die Mama wieder weg ist oder ist traurig, weil er seine Mutter vermisst. Daher kann es gut sein, dass er in solchen Momenten das bei uns Sein vielleicht nicht immer als gute Lösung empfinden oder genießen kann. (Seine Mutter tut das jedenfalls wieder weniger. In letzter Zeit sind wir es oft wieder, auf die Regel pochen müssen. Inzwischen müssen wir sie sogar aufschreiben, weil die Mutter sich sonst plötzlich nicht mehr erinnern kann, wie die Regelung z.B. vor den Ferien war.)

Ich habe das Gefühl, dass er sich bei uns wohl fühlt und Vertrauen hat. Dennoch ist es für uns fast unmöglich ihm begreiflich zu machen, dass er nicht für seine Mutter verantwortlich ist, und sich nicht zu ihrem alleinigen Lebensmittelpunkt machen lassen sollte. Er fasst dass sehr schnell als „gegen die Mama“ oder „gegen die Mama und daher auch gegen mich“ auf. Sie gibt sich glaube ich Mühe, scheint aber etwas anderes zu sagen als sie ihm unbewusst vermittelt. – Daher glaube ich wie ihr, dass so ein Signal von außen sehr hilfreich sein könnte. Aber die Mutter jedenfalls scheint an externer Hilfe zurzeit kein ernsthaftes Interesse zu haben. Und mein Freund meint, immer alles allein hinkriegen zu müssen. Zwar habe ich eine Vorstellung davon, was ihm dabei helfen könnte, er sieht das aber etwas anders. Ich hoffe, dass ein Termin in zwei Wochen da ein erster kleiner Schritt sein könnte.

Ich hoffe, dass klingt jetzt alles nicht zu negativ. Ich will auch nicht jedes Verhalten pathologisieren. Der Junge macht das unter den Umständen die ihm die Großen vorsetzen großartig. Auch unser Verhältnis zur Mutter ist meistens vergleichsweise entspannt (wenn auch von unserer Seite nicht mehr vertrauensvoll). Dennoch habe ich das unbestimmte Gefühl, dass es Dinge gibt, die in eine falsche Richtung laufen und wir ihm damit keinen Gefallen tun. Ich kann den Eltern die Arbeit aber leider auch nicht abnehmen. Schwierige Situation.

Liebe Grüße von Mandel
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Ansa »

Liebe Mandel,

es ist gut, das Kinder mitunter viel stärker sind als wir meinen und das sie viel mehr weg stecken, als wir Großen das glauben. Am Ende ist es so, das er ja noch sehr jung ist und ihm die Verantwortung eher leicht fällt, weil Groß sein, etwas Tolles ist. Gut, das er zwischen Euch pendelt und die Dinge immer von zwei Seiten aus wahr nehmen kann.

Ich glaube ein 8 jähriger kann noch nicht erfassen wer sich da genau um wen kümmert. Meine Tochter ist 12 und sie hat ganz ähnliche Züge, ich nehme das oftmals gar nicht richtig wahr, das sie sich um ihre Schwester kümmert, um mich oder um den Liebsten. Mittlerweile achte ich darauf und verbitte es mir ruhig und fest, immer mit der Aussage "Ich muss mich um Dich kümmern, ich bin die Mama.... Du darfst Dich umsorgen lassen, Du bist das Kind." Und siehe, sie wird ruhiger.

Immerhin darf er das bei Euch im Wechsel erleben, das wird ihm gut tun.

Tiere sind immer gut für Kinder, hast Du schon einmal von Wüstenrennmäusen gehört? Die sind äußerst pflegeleicht, riechen nicht und können eben auch im Wechsel gut eine Woche allein bleiben.... wir haben unsere auch mal für eine Woche allein gelassen, mit ausreichend Futter war das kein Problem. Kinder mögen diese Tiere zumeist sehr gern. Ich fand sie immer possierlich und niedlich und mochte sie sehr gern.

Liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
Liranara
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Liranara »

Hallo,

ich muss sagen, dass ich die bisherigen Beiträge hier wirklich für sehr verantwortungsvoll und als unheimlich hilfreich empfinde.
Ich habe das Gefühl, dass ihr mit der Situation grundsätzlich schon sehr gut umgeht.
Es ist bei ihm natürlich besonders wichtig, immer den Foku auf die Gesundheit des Jungen zu legen, denn mit dieser Vorgeschichte und den bisher vorhandenen Gesundheitszuständen (Bauchschmerzen, etc.), wird nicht auszuschließen sein, dass diese wiederholt auftreten.
Ihr seid eine wichtige Stütze für ihn und ich empfehle in diesem Bereich immer, wirklich den Arzt, bzw. einen Psychologen hinzuzuziehen, damit er für seine weitere Gesundheit die Stütze erhält, die er braucht, um stark aus seiner Lebensgeschichte herausgehen zu können.

Viele, viele Grüße und viel Erfolg!
Liranara
Liranara
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Re: Mutter krank und Kind leidet mit – was tun?

Beitrag von Liranara »

Liranara hat geschrieben:Hallo,

ich muss sagen, dass ich die bisherigen Beiträge hier wirklich für sehr verantwortungsvoll und als unheimlich hilfreich empfinde.
Ich habe das Gefühl, dass ihr mit der Situation grundsätzlich schon sehr gut umgeht.
Es ist bei ihm natürlich besonders wichtig, immer den Fokus auf die Gesundheit
des Jungen zu legen, denn mit dieser Vorgeschichte und den bisher vorhandenen Gesundheitszuständen (Bauchschmerzen, etc.), wird nicht auszuschließen sein, dass diese wiederholt auftreten.
Ihr seid eine wichtige Stütze für ihn und ich empfehle in diesem Bereich immer, wirklich den Arzt, bzw. einen Psychologen hinzuzuziehen, damit er für seine weitere Gesundheit die Stütze erhält, die er braucht, um stark aus seiner Lebensgeschichte herausgehen zu können.

Viele, viele Grüße und viel Erfolg!
Liranara

Ich muss mich mal kurz selber zitieren, da ich vor kurzem ein Gespräch mit einer Dame vom Jugendamt hatte, die mir dazu riet, grundsätzlich wirklich psychologische Hilfe zu empfehlen, die vor allem dauerhaft durchgezogen wird.
Eine ausschließliche Begleitung durch die Eltern kann in vielen Fällen, vor allem während der Pubertät, einfach nicht ausreichen, wenn es um so große Konflikte und die entsprechenden Vorgeschichte geht.
Deshalb nochmal ganz dringlich: Bietet dem Jungen an, dass ihr zwar für ihn da seid, ihr euch aber um zusätzliche Hilfe kümmert!

:trost:
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