Verzweifelte Tochter + verzweifelter Vater
Verfasst: 16. Juli 2009 19:17
Hallo,
auf der Suche nach Hilfe, bin ich zufällig auf euer Forum gestoßen und hoffe, dass ihr mir vielleicht mit ein paar Gedanken und Ideen helfen könnt. Kurz zu meiner Situation. Ich (33) erlebe seit einem Jahr eine wunderbare aber auch komplizierte Liebe. Mein Freund (40) hat sich vor 7 Jahren von seiner Frau getrennt. Sie haben zusammen eine Tochter (13) und einen Sohn (9). Die Kinder kenne ich noch nicht persönlich und auch sie wissen noch nichts von mir, weil wir das ganze möglichst behutsam angehen wollen. Mein Freund möchte das gern noch in diesem Jahr angehen, wobei ich keinerlei Druck ausübe, weil ich nicht möchte, dass sich die Kinder überfordert fühlen und ich denke, dass er als Vater am besten weiß, wann der "geeignete" Zeitpunkt gekommen ist, ihnen zu sagen, dass er eine neue Frau liebt und mich dann üebrhaupt erstmal vorzustellen. Es geht dabei nicht darum, dass ich dort übernachte oder einziehe, sondern dass wir voneinander wissen und uns langsam kennenlernen.
Mit seiner Ex-Frau hat er die Regelung getroffen, dass die Kinder zu 50% mal bei ihr und mal bei ihm sind und darüber hinaus auch jederzeit willkommen sind, wenn sie zu ihm wollen oder ihn irgendwie brauchen. Soweit ich das beurteilen kann, ist mein Freund ein sehr verständis- und liebevoller Vater, der alles gibt, was er kann, damit es seinen Kindern gut geht.Sein Sohn, der zum Zeitpunkt der Scheidung zwei Jahre alt war, kommt mit der Situation scheinbar ganz gut zurecht. Seine Tochter kann allerdings auch sieben Jahre nach der Scheidung noch nicht mit der Situation umgehen. Sie ist oft sehr traurig und sie ist wütend über ihren Vater, weil er damals die Familie verlassen hat und nicht mehr zur Mutter zurückkehren möchte. Seit den letzten zwei Wochen ist nun ein völliges Chaos entstanden. Die Ex-Frau musste vor einem Monat nach England, um ihre kranke Mutter zu pflegen. In zwei Wochen wird sie wohl wieder zurückkommen. In der Zwischenzeit leben die Kinder bei meinem Freund (in dem Haus, wo sie früher gemeinsam gelebt haben..). Er ist voll berufstätig und muss einmal im Monat beruflich für 4 Tage ins Ausland. Die Kinder sind dann bei seinen Eltern. Gerade hat er sich Urlaub genommen, um für die Kinder voll und ganz da zu sein.
Vor zwei Wochen ist die Tochter mitten in der Nacht von zu Hause ausgerissen. Er hat sie stundenlang allein und mit quälenden Ängsten überall gesucht und schließlich bei einer Freundin gefunden, die ohne ihre Eltern zu Hause war. Sie würde nur zurückkommen zu ihm, wenn er wieder mit ihrer Mutter zusammenkäme. Gestern Mittag ist sie zum zweiten mal ausgerissen und hat von unterwegs nur angerufen, dass sie jetzt weggeht, weil sie nicht mehr bei ihm bleiben möchte - ohne aber zu sagen, wohin sie gehen würde. Sie war wieder bei der selben Freundin, die diesmal in einer anderen Stadt den ganzen Tag mit den Eltern unterwegs war. Nachdem mein Freund sie wieder verzweifelt überall gesucht hat, erhielt er erst Abends den Anruf der Eltern, die ihm mitteilten, wo seine Tochter zu finden sei. Als er sie dann abholen kam, haben sie ihm vor seiner Tochter! vorgeworfen, was er für ein schlechter Vater sei. Nun ist er am Ende seiner Kräfte. Er hat sich schon immer schuldig und verantwortlich für alles gefühlt (auch, dafür, dass er ihnen die Wahrheit über uns noch nicht einfach so sagen kann, was er aber so gern möchte), aber diesmal ist er so verzweifelt und traurig, dass er nicht mehr weiter weiß. Heute haben beide (er und seine Tochter) wieder miteinander gesprochen. Nun weiß ich nicht, wie diese Gespräche genau verlaufen und wie sie miteinander kommunizieren. Was ich über das heutige Gespräch weiß ist, dass sie sagte, sie würde ihn nicht mehr lieb haben, weil er sich damals von ihrer Mutter getrennt hat. sie möchte jetzt erwachsen werden und ihm später einmal zeigen, was es heißt, ein guter Elternteil (hört sich im Deutschen so komisch an...) zu sein.
Die Ex-Frau kommt wie gesagt bald zurück und dann wollen beide versuchen, eine Lösung zu finden. Das finde ich schon einmal sehr positiv. Ich frage mich allerdings, ob die Kleine das ohne professionelle Hilfe schaffen kann, bzw. ob die Ex-Frau das mit meinem Freund allein schaffen kann... Wohl eher nicht, was?
Jedenfalls hat mein Freund eine tiefe innere Angst vor den nächsten Tagen, dass er dieser Situation nicht gewachsen ist, seine Tochter wieder wegrennt oder wieder ein Streit entsteht, indem sich am Ende alle nur gegenseitig verletzen. Seine Tochter versteht sich mit der Mutter hingegen sehr gut und genau das macht ihm insofern auch Sorgen, als dass sie sich eben nur mit ihr gut versteht, aber nicht auch mit ihm.
Mir tun alle Beteiligten so unendlich leid. Mir tut seine Tochter so leid, weil sie so verzweifelt und traurig sein muss, dass sie nur noch diesen Weg zu kennen scheint. Mir tut der Sohn leid, der das ganze mitansehen muss. Und mir tut mein Freund leid, der nicht mehr weiß, wie er seiner Tochter diese Leiden irgendwie ersparen und wie er wieder Zugang zu ihr haben kann . Zudem fühlt er sich jetzt auch noch schuldig mir gegenüber, dass ich mein Leben nach seiner komplizierten Situation ausrichte und dass er mich wie auf Warteposition verharren lässt, bis wir irgendwann einmal gemeinsam leben können. Er möchte mich glücklich machen und mir ein Leben ermöglichen, indem ich nicht immer zurückstecken muss. Er fühle sich auch für mein Leben verantwortlich und er hat Angst, mich zu verlieren. Seine Einstellung finde ich einerseits sehr schön. Andererseits habe ich bis jetzt - sicher auch meiner Lebenseinstellung zu verdanken - nie das Gefühl gehabt, dass ich durch meine Rücksichtnahme und mein Verständnis irgendetwas aufgeben musste oder darunter gelitten habe. Zudem habe ich mich für mein Leben schon immer selbst verantwortlich gefühlt. Es nimmt mich allerdings schon ziemlich mit, das ganze Leid nur hilflos ansehen zu können und jetzt zu spüren, dass es wohl noch weitaus länger dauert als gedacht, bis er ihnen von uns erzählen kann.
Ich würde gern verstehen, warum die Tochter das Wegrennen plötzlich als einzigen Ausweg sieht und was sie vielleicht davon abhalten könnte, es nicht mehr zu tun. Kann es sein, dass sie die Situation als unerträglich empfindet, derzeit in dem Haus so viele Wochen am Stück zu leben, indem sie früher gemeinsam gelebt haben? Empfindet sie keinen Respekt mehr vor ihrem Vater oder hat das damit nichts zu tun? Ist das wirklich allein ein Hilfeschrei, der mit der Scheidung zu tun hat oder kann sich dahinter vielleicht ein ganz anderer Konflikt verbergen? Und wenn sie ihn so unter Druck versucht zu setzten, weiß sie, dass sie seine Schuldgefühle damit anspricht? Und wie kann man als betroffener Elternteil mit dem Ausreißen am besten umgehen? wie kann er denn wieder Zugang zu ihr haben? Im Moment scheint das ja alles wie geblockt. Ich meine, ich weiß natürlich auch aus eigener Erfahrung:-), dass Teenager in der Pubertät nicht wirklich immer einfach sind. Sind Kinder, die eine Scheidung miterlebt haben, dann automatisch umso schwieriger? Also vielleicht kann mir einer von euch auch sagen, inwiefern und womit ich hier am besten meinen Freund unterstützen kann, v.a. damit, dass er wieder Selbstvertrauen hat, dass er seine Tochter versteht, aber sie ihn auch versteht und beide aufeinander zugehen können. Er meint, sie würde das ganz sicher irgendwann einmal verstehen, aber das wird noch lange brauchen und solange müsse er sehr vorsichtig mit ihr umgehen, was ich sehr gut verstehen kann. Aber wie genau kann das denn aussehen? Und wie würden es sich die betroffenen Kinder "wünschen" wann und wie ihr Vater ihnen sagt, dass er wieder eine Frau liebt. Das muss doch ziemlich bedrückend sein für die Kinder und wenn es danach geht, ist der richtige Zeitpunkt doch nie wirklich da. Oder?
Nun ist es doch länger geworden, als ich eigentlich wollte. Und dann noch so viele Fragen...
Also ich würde mich freuen, wenn ihr mir aus eurer Erfahrung berichten könnt oder mit euren Gedanken dazu weiterhelft.
liebe Grüße,
Nadja
auf der Suche nach Hilfe, bin ich zufällig auf euer Forum gestoßen und hoffe, dass ihr mir vielleicht mit ein paar Gedanken und Ideen helfen könnt. Kurz zu meiner Situation. Ich (33) erlebe seit einem Jahr eine wunderbare aber auch komplizierte Liebe. Mein Freund (40) hat sich vor 7 Jahren von seiner Frau getrennt. Sie haben zusammen eine Tochter (13) und einen Sohn (9). Die Kinder kenne ich noch nicht persönlich und auch sie wissen noch nichts von mir, weil wir das ganze möglichst behutsam angehen wollen. Mein Freund möchte das gern noch in diesem Jahr angehen, wobei ich keinerlei Druck ausübe, weil ich nicht möchte, dass sich die Kinder überfordert fühlen und ich denke, dass er als Vater am besten weiß, wann der "geeignete" Zeitpunkt gekommen ist, ihnen zu sagen, dass er eine neue Frau liebt und mich dann üebrhaupt erstmal vorzustellen. Es geht dabei nicht darum, dass ich dort übernachte oder einziehe, sondern dass wir voneinander wissen und uns langsam kennenlernen.
Mit seiner Ex-Frau hat er die Regelung getroffen, dass die Kinder zu 50% mal bei ihr und mal bei ihm sind und darüber hinaus auch jederzeit willkommen sind, wenn sie zu ihm wollen oder ihn irgendwie brauchen. Soweit ich das beurteilen kann, ist mein Freund ein sehr verständis- und liebevoller Vater, der alles gibt, was er kann, damit es seinen Kindern gut geht.Sein Sohn, der zum Zeitpunkt der Scheidung zwei Jahre alt war, kommt mit der Situation scheinbar ganz gut zurecht. Seine Tochter kann allerdings auch sieben Jahre nach der Scheidung noch nicht mit der Situation umgehen. Sie ist oft sehr traurig und sie ist wütend über ihren Vater, weil er damals die Familie verlassen hat und nicht mehr zur Mutter zurückkehren möchte. Seit den letzten zwei Wochen ist nun ein völliges Chaos entstanden. Die Ex-Frau musste vor einem Monat nach England, um ihre kranke Mutter zu pflegen. In zwei Wochen wird sie wohl wieder zurückkommen. In der Zwischenzeit leben die Kinder bei meinem Freund (in dem Haus, wo sie früher gemeinsam gelebt haben..). Er ist voll berufstätig und muss einmal im Monat beruflich für 4 Tage ins Ausland. Die Kinder sind dann bei seinen Eltern. Gerade hat er sich Urlaub genommen, um für die Kinder voll und ganz da zu sein.
Vor zwei Wochen ist die Tochter mitten in der Nacht von zu Hause ausgerissen. Er hat sie stundenlang allein und mit quälenden Ängsten überall gesucht und schließlich bei einer Freundin gefunden, die ohne ihre Eltern zu Hause war. Sie würde nur zurückkommen zu ihm, wenn er wieder mit ihrer Mutter zusammenkäme. Gestern Mittag ist sie zum zweiten mal ausgerissen und hat von unterwegs nur angerufen, dass sie jetzt weggeht, weil sie nicht mehr bei ihm bleiben möchte - ohne aber zu sagen, wohin sie gehen würde. Sie war wieder bei der selben Freundin, die diesmal in einer anderen Stadt den ganzen Tag mit den Eltern unterwegs war. Nachdem mein Freund sie wieder verzweifelt überall gesucht hat, erhielt er erst Abends den Anruf der Eltern, die ihm mitteilten, wo seine Tochter zu finden sei. Als er sie dann abholen kam, haben sie ihm vor seiner Tochter! vorgeworfen, was er für ein schlechter Vater sei. Nun ist er am Ende seiner Kräfte. Er hat sich schon immer schuldig und verantwortlich für alles gefühlt (auch, dafür, dass er ihnen die Wahrheit über uns noch nicht einfach so sagen kann, was er aber so gern möchte), aber diesmal ist er so verzweifelt und traurig, dass er nicht mehr weiter weiß. Heute haben beide (er und seine Tochter) wieder miteinander gesprochen. Nun weiß ich nicht, wie diese Gespräche genau verlaufen und wie sie miteinander kommunizieren. Was ich über das heutige Gespräch weiß ist, dass sie sagte, sie würde ihn nicht mehr lieb haben, weil er sich damals von ihrer Mutter getrennt hat. sie möchte jetzt erwachsen werden und ihm später einmal zeigen, was es heißt, ein guter Elternteil (hört sich im Deutschen so komisch an...) zu sein.
Die Ex-Frau kommt wie gesagt bald zurück und dann wollen beide versuchen, eine Lösung zu finden. Das finde ich schon einmal sehr positiv. Ich frage mich allerdings, ob die Kleine das ohne professionelle Hilfe schaffen kann, bzw. ob die Ex-Frau das mit meinem Freund allein schaffen kann... Wohl eher nicht, was?
Jedenfalls hat mein Freund eine tiefe innere Angst vor den nächsten Tagen, dass er dieser Situation nicht gewachsen ist, seine Tochter wieder wegrennt oder wieder ein Streit entsteht, indem sich am Ende alle nur gegenseitig verletzen. Seine Tochter versteht sich mit der Mutter hingegen sehr gut und genau das macht ihm insofern auch Sorgen, als dass sie sich eben nur mit ihr gut versteht, aber nicht auch mit ihm.
Mir tun alle Beteiligten so unendlich leid. Mir tut seine Tochter so leid, weil sie so verzweifelt und traurig sein muss, dass sie nur noch diesen Weg zu kennen scheint. Mir tut der Sohn leid, der das ganze mitansehen muss. Und mir tut mein Freund leid, der nicht mehr weiß, wie er seiner Tochter diese Leiden irgendwie ersparen und wie er wieder Zugang zu ihr haben kann . Zudem fühlt er sich jetzt auch noch schuldig mir gegenüber, dass ich mein Leben nach seiner komplizierten Situation ausrichte und dass er mich wie auf Warteposition verharren lässt, bis wir irgendwann einmal gemeinsam leben können. Er möchte mich glücklich machen und mir ein Leben ermöglichen, indem ich nicht immer zurückstecken muss. Er fühle sich auch für mein Leben verantwortlich und er hat Angst, mich zu verlieren. Seine Einstellung finde ich einerseits sehr schön. Andererseits habe ich bis jetzt - sicher auch meiner Lebenseinstellung zu verdanken - nie das Gefühl gehabt, dass ich durch meine Rücksichtnahme und mein Verständnis irgendetwas aufgeben musste oder darunter gelitten habe. Zudem habe ich mich für mein Leben schon immer selbst verantwortlich gefühlt. Es nimmt mich allerdings schon ziemlich mit, das ganze Leid nur hilflos ansehen zu können und jetzt zu spüren, dass es wohl noch weitaus länger dauert als gedacht, bis er ihnen von uns erzählen kann.
Ich würde gern verstehen, warum die Tochter das Wegrennen plötzlich als einzigen Ausweg sieht und was sie vielleicht davon abhalten könnte, es nicht mehr zu tun. Kann es sein, dass sie die Situation als unerträglich empfindet, derzeit in dem Haus so viele Wochen am Stück zu leben, indem sie früher gemeinsam gelebt haben? Empfindet sie keinen Respekt mehr vor ihrem Vater oder hat das damit nichts zu tun? Ist das wirklich allein ein Hilfeschrei, der mit der Scheidung zu tun hat oder kann sich dahinter vielleicht ein ganz anderer Konflikt verbergen? Und wenn sie ihn so unter Druck versucht zu setzten, weiß sie, dass sie seine Schuldgefühle damit anspricht? Und wie kann man als betroffener Elternteil mit dem Ausreißen am besten umgehen? wie kann er denn wieder Zugang zu ihr haben? Im Moment scheint das ja alles wie geblockt. Ich meine, ich weiß natürlich auch aus eigener Erfahrung:-), dass Teenager in der Pubertät nicht wirklich immer einfach sind. Sind Kinder, die eine Scheidung miterlebt haben, dann automatisch umso schwieriger? Also vielleicht kann mir einer von euch auch sagen, inwiefern und womit ich hier am besten meinen Freund unterstützen kann, v.a. damit, dass er wieder Selbstvertrauen hat, dass er seine Tochter versteht, aber sie ihn auch versteht und beide aufeinander zugehen können. Er meint, sie würde das ganz sicher irgendwann einmal verstehen, aber das wird noch lange brauchen und solange müsse er sehr vorsichtig mit ihr umgehen, was ich sehr gut verstehen kann. Aber wie genau kann das denn aussehen? Und wie würden es sich die betroffenen Kinder "wünschen" wann und wie ihr Vater ihnen sagt, dass er wieder eine Frau liebt. Das muss doch ziemlich bedrückend sein für die Kinder und wenn es danach geht, ist der richtige Zeitpunkt doch nie wirklich da. Oder?
Nun ist es doch länger geworden, als ich eigentlich wollte. Und dann noch so viele Fragen...
Also ich würde mich freuen, wenn ihr mir aus eurer Erfahrung berichten könnt oder mit euren Gedanken dazu weiterhelft.
liebe Grüße,
Nadja