Und trotzdem – bin ich

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tarsshaft
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Und trotzdem – bin ich

Beitrag von tarsshaft »

Der Firma geht´s schlecht.

Die Kollegin wurde gekündigt.

Der Freund hat keinen Job.

Der Freund ist nicht da.

Die Kosten sind gestiegen.

Das Fahrrad hat einen Platten.

Und trotzdem glaube ich daran, dass alles gut wird.

Bin ich jetzt

optimistisch oder dumm?

Ich weiß es nicht.

Ich bin so.

Das ist zusammengefasst mein momentanes Leben. Sind mehr Gedanken als ein Gedicht.
Und trotzdem passt es hierher.

tarsshaft
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FSapiatz
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von FSapiatz »

Liebe tarsshaft!

Ich habe versprochen, dass ich da sein werde, - da bin ich! =)

Ich weiß nicht, ob ich Dir Trost spenden kann, aber:

auch meiner Firma geht´s nicht gut, ich glaube, keiner Firma (große Konzerne mal ausgenommen) geht es gut... . :|

Wessen Kosten sind nicht gestiegen?! Sprit, Nahrungsmittel, Energie... ?!

Gut, eines habe ich Dir voraus: ich habe meine Birgit, und sie ist da, wenn ich sie brauche – so, wie ich für sie.
Aber: Dein Freund ist deshalb nicht da, weil er Arbeit sucht für Euch, um Euch versorgen zu können!

Dein Fahrrad kannst Du mir auch schicken , ich flicke den Reifen – kein Thema, schließlich habe ich zwei fahrradfahrende Kinder, da ist Reifenflicken sozusagen wöchentliche Normalität... =)

tarsshaft, ich kenne Dich als so optimistischen Menschen, insofern sei Deine Frage schon mal beantwortet: Du bist nicht dumm, Du bist einfach Du... .

Du weißt, wo Du mich findest, wenn Du weiter reden möchtest, oder wir treffen uns hier wieder... . Aber: rede bitte weiter!

Liebe Grüße sendet Dir

Frank

P.S. Nachdem ich diese Zeilen schrieb, sah ich, dass eine PN angekommen ist, ich denke mal, sie ist von Dir... - also, wenn dem soist - sie ist nicht in diese Zeilen hier mit eingegangen...
tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von tarsshaft »

Lieber Frank!

Danke für deine Zeilen. Sie spenden Trost, und zwar allein aus dem Grund, weil du mir zugehört hast und mir ein paar Gedanken dazu schreibst.

Der Optimismus fällt mir im Moment etwas schwer. Mein Freund sagt immer: "Ja, was soll man denn sonst machen?" Er kommt gar nicht auf die Idee, dass man statt "Optimismus" ja auch "Verzweiflung" wählen könnte. Die Wahl hat man definitiv. Er ist zwar auch nicht gerade gut drauf im Moment und fühlt sich regelmäßig down, aber er würde nie etwas anderes sagen außer: "Ja, was soll man denn sonst machen - außer hoffen."

Das gefällt mir an ihm.

Es lebe Italia.

a presto, tarsshaft
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FSapiatz
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von FSapiatz »

Liebe tarsshaft! =)

Nee, nee, nee: ich kann hier jetzt mal etwas nicht gelten lassen!

Dein Nicht-Optimismus – das ist etwas, dass ich - würden wir uns hier neu kennen gelernt haben – aufgreifen, und versuchen, Dir Trost zu schicken, aber war es nicht erst vor ein paar Tagen, wo ich die Worte:

>>"Non ti preoccupare"<<

lernen durfte?!

Waren da nicht Worte, wie:

>>...Interesse an meinem Leben, Offenheit, Herzlichkeit, Spontanität, Leichtigkeit."<<

?

tarsshaft, Du bist so sehr von Leben erfüllt, da finde ich es einfach nur schade, dass Du solch düsteren Gedanken nachhängst: Du brauchst/sollst/darfst nicht die Resignation/Verzweifelung als möglichen Weg wählen – es IST KEIN WEG!! Da gebe ich Deinem Freund Recht – denn er tut das auch nicht! :)

Liebe Grüße sendet

Frank
tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von tarsshaft »

Lieber Frank!

Genau aus dem Grund

"Non ti preoccupare" und "Interesse an meinem Leben, Offenheit, Herzlichkeit, Spontanität, Leichtigkeit."

habe ich ganz oben geschrieben:

"Und trotzdem glaube ich daran, dass alles gut wird."

Optimismus und Verzweiflung hängen eng miteinander zusammen. Das eine scheint das Gegenteil des anderen zu sein, aber tatsächlich sind es nur zwei Seiten der gleichen Medaille.

Es grüßt dich lieb,

tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von FSapiatz »

Liebe tarsshaft!

Nöö, da wehre ich mich gegen: =)

was Du sagst ist ja am Ende:

Leben und Tod sind zwei Seiten einer Medaille – und da sind doch „einfach“ mal Welten dazwischen... . .
Klar: ich weiß, dass Leben zum Tod gehört, aber wenn ich ihm zuviel Präsenz einräume, dann holt mich der eine vor dem anderen ein... .

GENAU das hat für mich das gleichzeitige Nennen von Optimismus und Verzweiflung!

Fühl Dich lieb umärmelt von

Frank
tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von tarsshaft »

Lieber Frank!

Du schreibst: "was Du sagst ist ja am Ende: Leben und Tod sind zwei Seiten einer Medaille – und da sind doch „einfach“ mal Welten dazwischen...Klar: ich weiß, dass Leben zum Tod gehört, aber wenn ich ihm zuviel Präsenz einräume, dann holt mich der eine vor dem anderen ein..."

Es hat mich etwas gewundert, dass ich von Optimismus und Verzweiflung rede und du plötzlich auf Leben und Tod kommst. Ich denke so gut wie nie über den Tod nach und wenn, dann komme ich zu meiner dir bekannten Schlussfolgerung, dass es "danach" schon irgendwie weitergehen wird. Aber der Tod interessiert mich nicht. Mich interessiert das Leben. Wieviel Aufmerksamkeit man welcher der beiden Seiten einräumt, wie viel man über das eine und das andere nachdenkt, darf jeder selbst entscheiden.

"da sind Welten dazwischen"? Was willst du mir damit sagen? Dass das Leben facettenreicher nicht sein könnte? Das weiß ich schon, aber darüber reden wir hier doch gar nicht.

Du schreibst: "GENAU das hat für mich das gleichzeitige Nennen von Optimismus und Verzweiflung!

Frank?! Was willst du mit diesem Satz sagen? Wie kommst du von Optimismus und Verzweiflung auf Leben und Tod? Das ist mir zu extrem. Auf diese Verbindung wäre ich nicht gekommen.

Dass man mal optimistisch ist und dann mal wieder verzweifelt, ist doch nichts Ungewöhnliches. Das ist eher etwas Menschliches.

Ich gebe zu, dass ich dich manchmal nicht verstehe.

Liebe Grüße, tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von FSapiatz »

Liebe tarsshaft! =)

Ich beginne mal am Ende Deiner Zeilen, für die ich Dir wieder mal sehr danke, denn sie haben meinen Nachdenkprozess wieder stark angekurbelt...:

würde ich mich oftmals selber besser verstehen, wäre wohl vieles einfacher :|

Warum kommen manche Worte, warum stelle ich eine Verbindung her zwischen Dingen, die für Dich keinen Zusammenhang zeigen?

Ich habe jetzt Stunden darüber nachgegrübelt und komme immer wieder an den einen Schluss:

Ich habe die Grenze zum Tod schon zweimal überschritten bzw. habe darauf gestanden, und ich bin eben nicht - so wie Du – der Überzeugung, dass es weiter gehen wird, dafür war der Abgrund zu tief, in den ich geschaut habe... . Darum, daher hat der Begriff Verzweiflung für mich so eine enge Beziehung zum Begriff Tod, denn – bitte glaube mir – als mich im letzten November der Tod von den Füßen reißen wollte, da war ich zutiefst VERZWEIFELT, denn ich wollte meine Familie noch nicht verlassen.
Später, im Kkh. hat eine Ärztin zu mir etwas gesagt, was sich mir stark eingeprägt hat:

„Krankheit, Tod und Verwandtschaft kommen IMMER zum falschen Zeitpunkt“ :D :(

Du hast mir vor kurzem geschrieben, dass Du mich um mein Gefühl von „verwurzelt sein“ beneidest... . Ich würde gerne versuchen, Dir davon mehr zu vermitteln, wenn Du mir im Gegenzug die Angst vorm Tod nehmen könntest... .

Du sagst:

>> Dass man mal optimistisch ist und dann mal wieder verzweifelt, ist doch nichts Ungewöhnliches. Das ist eher etwas Menschliches.<<

Und genau in diesem Moment – wenn ich diese Worte auf mich wirken lasse – da sträubt sich mir das „Nackenfell“, denn genau das ist das Gefühl, vor dem ich mich so sehr fürchte:

Verzweiflung, weil ich nicht weiß, WIE UND OB es überhaupt weiter geht.
Als Kind nach der Scheidung, als Jugendlicher nach K.´s Tod, als junger Erwachsener nach meinem Absturz am Felsen, als Mensch von heute nach einer durchge- und überstandenen Lungenembolie, beidseitig...!

Momente wie dieser, das sind Momente, wo mich der Tod einzuholen droht, einfach, weil ich so große Angst vor ihm habe. Momente, wo mich – und hier schließt sich ein Kreis – VERZWEIFLUNG einholt... .

Verstehst Du?

Liebe Grüße von

Frank
tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von tarsshaft »

Lieber Frank!

Du fühlst dich verzweifelt, weil du nicht weißt, wie und ob es überhaupt weitergeht. Das Gefühl kenne ich, denn mir geht es genauso. Bei dir ist es die Angst vor dem Ende des Lebens, bei mir die Angst vor dem Ende zu leben. Zu „leben“ im Sinne von lachen, weinen, genießen, arbeiten, diskutieren.

Im Moment fühle ich nicht mehr. Ich kenne mich als lebendig, scherzend, mitreißend, aufbrausend, begeistert. Im Moment fühle ich nichts. Das Leben und Lebendig-sein hat meinen Freund und mich verlassen. Wir haben uns seit eineinhalb Monaten nicht gesehen. Er hat kein Geld mehr, um umher zu fahren und nach einem Job zu suchen. Er wird sich Geld leihen müssen. Er hat sich in so vielen Städten und bei so vielen Firmen beworben und es hat nichts gebracht. Seine Stimme klingt merkwürdig fremd. Und so schwach. Resigniert. Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich einen strahlend blauen Himmel und eine herrliche Sonne. „Schön“, denke ich. Aber ich fühle: nichts.

Ich denke, dass das eine Art Selbstschutz ist. Denn wenn ich das Gefühl beschreiben sollte, das in meinem Inneren herrscht, dann hieße dieses Gefühl „Angst“ oder „Verzweiflung“ oder „Resignation“. Wenn ich dieses Gefühl jetzt in diesem Moment zulasse, dann weiß ich nicht, ob ich die Kontrolle noch halten kann. Oder ob ich zusammenbreche, weinend und schreiend. Denn das ist schon passiert. Zuletzt im letzten Jahr. Davor immer wieder. Namenlose Verzweiflung. Ich hatte nie den Tod vor Augen, aber in jenen Momenten habe ich gegen einen inneren Tod gekämpft.

Auf groteske Weise bin ich sogar froh, dass mein Freund nicht da ist. Denn so muss ich nicht wieder dieses Bild aushalten, wenn ich ihn sehe, allein in unserer Wohnung, am PC sitzend, aus dem Fenster schauend, mit diesem Blick, der ins Nirgendwo geht. So weiß ich, dass er wenigstens zu Hause sein kann, bei seiner Familie, seinen Freunden und seiner gewohnten Umgebung.

Auch jetzt kämpfe ich wieder gegen dieses innerliche Sterben. Ich stelle mir einen konkreten Gegner vor. Es ist leichter, gegen einen sichtbaren Gegner zu kämpfen als gegen eine unbekannte Angst. Jeden Tag aufs Neue. Ich blicke diesen Gegner an und sehe seine hässliche Fratze, seine gedrungene Gestalt, seinen leeren Blick. „DU machst mich nicht fertig“, sage ich dann. „DU nicht.“ Ich sage mir laut vor, was ich noch alles erreichen will in diesem Leben. Ich sage laut, dass ich niemals aufgeben werde. Ich sage laut, dass ich niemals die Hoffnung aufgeben werde. Ich sage laut, dass ich leben will.

Frank, du hast Angst vor etwas, das du nicht kennst. Du hast Angst vor dem Tod, aber der Tod ist nicht wichtig. Wichtig ist das Leben. Der Tod kommt von alleine, aber das Leben kannst du gestalten, das Leben kannst du beeinflussen. Vertraue darauf, dass du noch eine Aufgabe zu erfüllen hast. Denn sonst wärst du nicht hier. Du hattest mal geschrieben: „Ich wäre FAST gestorben.“ Also, was bedeutet dieses „fast“? Dass du dich wieder an das Leben erinnern sollst. An deine Aufgabe. Erinnerst du dich an Walt Whitman? „Warum bin ich da, was nützt dieses Leben mir? Du bist da, damit das Leben weitergeht und du deinen Vers dazu beitragen kannst.“

DU hast immer die Wahl: zwischen Verzweiflung und Hoffnung, zwischen Angst und Freude. DU entscheidest, nicht der Tod.

Vergiss das nie, Frank, nur DU wählst das Gefühl, das dich begleitet. Das Leben ist nicht dazu da, um über den Tod nachzudenken. Also können wir uns die Angst davor auch gleich sparen.

Liebe Grüße, tarsshaft
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Re: Und trotzdem – bin ich

Beitrag von FSapiatz »

Liebe tarsshaft

Wieder einmal: gute, klare Worte, Worte, die mich erreicht haben... – danke dafür, wie schon so oft =) ... !

Ich gewinne den Eindruck, dass uns beiden gerade etwas über den Kopf wächst, etwas, von dem wir wissen, dass es nicht notwendig, aber doch vorhanden ist... ?!

Was tue ich hier?!

Was tust Du?

Wir sind – erst ein mal, äußerlich betrachtet – da. (Punkt :) )

Wir haben Angst um unsere Existenz – warum?

Du meinst, nicht weiter lebendig sein zu können, ich habe Angst vorm Sterben... .

Es waren sehr wichtige Worte, die mich von Dir erreicht haben: im Leben muss man nicht über den Tod nachdenken... .

Es war immer wieder das Schicksal, dass mich einholte, Du weißt das inzwischen. Daher habe ich immer eher negativ voraus gedacht, als alles andere... . Meine Frau hat vor kurzem mit mir geschimpft, weil ich mich immer wieder meiner Trauer ob der (meiner) Vergangenheit ergebe....

Weißt Du, ich staune oft, wie sehr „man“ sich dem Luxus hingibt (und meine Familie und ich leben wahrlich nicht im Luxus, aber es geht uns auch nicht schlecht).. Wenn ich mir überlege, wie meine Frau und ich mit 50,- DM (!) über mindestens 2 Wochen hingekommen sind, das war, als wir Studenten waren – was sind heute 25 € ?! Was ich ausdrücken möchte: solange wir noch ein Stück Brot zum dran knabbern haben; was wollen wir uns denn beschweren?!
Wenn Du in der (bewundernswerten) Lage bist, keine Angst vor dem Tod zu kennen, dann brauchst du doch auch nicht zu trauern um unerfüllte Wünsche - Du hast die gesamte Ewigkeit vor Dir, um sie (die Wünsche) Dir zu erfüllen... .

Ich brauche jetzt mal eine Denkpause, melde mich bald wieder, okay...?!

LG Frank
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